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Frankreich.
Sprache noch völlig erhalten, bis auf den heutigen Tag
lebt sie noch in der Bretagne; die östlichen Gegenden hat-
ten, sei es schon durch den Ursprung der ersten Bewoh-
ner, sei es durch die V erptlanzung germanischer Stämme
in das verödete Land, die schon unter den späteren römi-
schen Kaisern statt fand, eine deutsche Färbung. Später
brachten die Normannen, die sich im Norden niederliessen,
ein dem germanischen Geiste verwandtes Element hinzu,
das demselben ein Uebergeivicht verschaffte. Dazu kam
die geographische Lage Galliens. Es war nicht, Wie
Deutschland, ein Binnenland, sondern auf drei Seiten vom
Meere umspült, auf jeder mit anderen Völkern in Berüh-
rung, im Süden mit den Bewohnern des Mittelmeeres, mit
Italienern und Byzantinern, im Westen mit Spaniern und
Arabern, {im Norden und Nordwesten mit den Bewohnern
Brittaniens und mit den rüstigen skandinavischen Stämmen.
Während aber diese äusseren Einflüsse auf die offenen Gegen-
den wirkten, blieben gebirgige, schwer zugängliche Provinzen,
wie die Auvergne, Velai und Bourbon, davon unberührt.
Rechnet man hinzu, dass bereits bei der Einwanderimg der
deutschen Stämme locale Verschiedenheiten bestanden, so
ist begreiflich, dass diese kaum zu übersehende Mannig-
faltigkeit von Provinzialeigenthiimlichkeiten in rechtlichen
Verhältnissen, wie in der Sprache und Sitte, die Regie-
rung unendlich erschweren, die Kraft der karolingischen
Fürsten brechen musste, und Wiederum durch den Verfall
der Centralgewvalt eine grössere Stärke erhielt. Es ist
merkwürdig, dass gerade die Nation, welche bestimmt
war , das Bestreben nach nationaler Einheit am kräftigsten
auszubilden, mit einer atomistischen Zersplitterung begann,
während Deutschland, dessen Stammessonderung sich bis
auf den heutigen Tag erhalten hat, in jener Frühzeit in
sich einig erschien. Bei uns ist die Einheit geblieben, wie