Sicilien.
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klein , um auf das geistige Leben erheblich einzuwirken";
sie waren überdies die minder Gebildeten, lnld ihre Politik
brachte es mit sich, dass sie die Eingeborenen in iln-er
gewohnten Weise nicht beunruhigten. Ueberdies war aber
auch dieser Eroberung ungeachtet der Zusammenhang der
Insel mit dem Festlande anfangs noch ein sehr loser; sie
hatte ihren eigenen, nur unter der Lehnsherrlichkeit Robert
Guiscarrls stehenden Fürsten. S0 bestanden denn in dem
schönen Lande drei Sprachen und drei Rcligionsformen,
griechische, lateinische und arabische. Die Nationalitäten
Waren allerdings nicht mehr rein; die Griechen hatten, wie
es bei der Nähe Italiens und den Nachwirkungen der römi-
schen Herrschaft erklärbar ist, auch italische Elemente auf'-
genommen; die Normannen, wenn auch noch im Zusammen-
hange mit dem I-leinlathlande, waren doch schon seit einem
halben Jahrhundert in Unteritalien ansässig; die Araber end-
lich hatten mit der diesem Stamme eigenen Gewandtheit sich
hier, wie überall, wo sie mit den Abendländern in Berüh-
rung kamen, diesen ähnlich ausgebildet, statt ihres flüch-
tigen, spielenden, phantastischen 'Wesens einen ruhigeren
Charakter angenommen. Aber doch waren die Stämme
noch weit von jeder Verschmelzung, sie kamen sich nur in
gegenseitiger Duldung und in südlicher Geselligkeit entgegen.
Diese Mischung, verbunden mit den Einflüssen der üppi-
gen, zum Genusse einladenden Natur, spricht sich auch
in der Kunst aus. Sie ist reich imd lebensvoll, aber nicht
entschieden oder charakteristisch, sie entlehnt Einzelnes aus
allen den verschiedenen Stylen und Kunstrichtungen, die
hier zusammentrafen, sie verbindet sie zu einer glänzenden,
phantastischen Erscheinung, die das Auge durch seine Farben-
pracht, durch den Reichtluun des Goldes und edler Mar-
morarten, durch die Menge des Bildwerks berauscht, aber
sie giebt nicht ein organisch durchbildetes Ganzes, es fehlt