Dom
Zll
Pisa.
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zen, die Emporen als ein genügendes Motiv für die Anlage
mehrerer Stockwerke, durch welche die Höhenrichtung
möglichst mit dem Prinzip der Säule ausgeglichen werden
konnte, die diesem Inneren entsprechende Gestaltung des
Aeusseren, dies Alles sind Verdienste dieses Gebäudes, die
ihm kein anderes dieser Zeit streitig machen kann. Es
spricht zuerst und schon in seln' bestimmter Weise die
Tendenz der italienischen Kunst aus. Die antiken Elemente
sind völlig beibehalten, die I-Iorizontallinien herrschen vor
und bilden den ganzen Bau. Selbst an der Facade sind
sie ununterbrochen; von den sieben grossen Bögen, welche
das unterste und bedeutsamste Stockwerk bilden, erhebt
sich nur der mittlere um ein Geringes, die sechs anderen
sind völlig gleich, erscheinen als die unbedingte Fortsetzung
der Bogenreihen der Seitenwände. Aber diese antiken
Formen haben ihren Ernst verloren, die strenge, recht-
winkelige Verbindung des Architravs mit den verticalen Li-
nien der Säulen kommt nur untergeordnet zur Anwendung,
an den bedeutendsten Stellen ist sie durch den weichen
Fortschwinig der Bögen verdrängt. Die Gesimse selbst
geben zwar horizontale Linien, aber nicht mit der Kraft des
antiken Gebälkes, sondern als leichte, schattenlose Bänder.
Es ist sehr merkwürdig, dass der Gedanke, den Glo-
ckenthurm mit der Kirche zu verbinden, auch jetzt nicht
entstand. Er widerstrebte offenbar dem Gefühle der Ita-
liener; die Verbindung der niedrigeren Kirche mit dem hö-
heren Thurme, die dadurch bedingte Zuspitzung desselben,
war für sie zu complicirt, sie wollten etwas Eiufacheres, Kla-
reres, mehr dem antiken Geiste Entsprechendes haben, sie
duldeteu nur parallele Linien, rechte Winkel, höchstens den
Kreis. Daher bildeten sie auch ihre Thürme durchweg nur als
viereckige ab), rechtwinkelig gedeckte Massen, die sich eben
i") Eine Ausnahme von dieser Regel, für die wir keine Erklärung
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