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Italien.
Pracht byzantinischer Kuppeln die seefahrenden Pisaner
gereizt hat, ihrer Kirche einen ähnlichen Schmuck zu ver-
schaffen, dass vielleicht selbst die kleinen Nischen der
Kreuzarme durch den Hinblick auf ähnliche, obgleich we-
sentlich verschiedene Anordnungen orientalischer Kirchen
entstanden sind. Aber alles dies waren nur leichte Anre-
gungen, der Gedanke, der Zweck des pisanischen Meisters
war ein ganz anderer, durchaus abendländischer; er hat
dieselbe Tendenz, dieselben Details, wie seine Vorgänger.
Selbst die Kuppel ist nicht bloss anders verwendet und von
anderer VVirkung, sondern auch technisch anders construirt,
wie die Kuppel der Sophienkirche, wie die von S. Vitale
und von S. Marco. Sie ist eine hier zum ersten Male an-
gewendete Erlindung, das Vorbild der späteren abendländi-
schen Kuppeln. Das ganze Gebäude bleibt eine Basilika, wie
man sie bisher hatte, nur dass die Elemente, die zerstreut
neben einander lagen, geordnet und in ein System gebracht
sind. Es galt den Ausdruck des Architravbaues, der in den
antiken Gliedern lag, mit der Anwendung des Bogens zu
verschmelzen, dem Grundplane der Basilika statt seiner bis-
herigen Formlosigkeit einen bestimmten Gedanken unterzu-
legen, einen Ausdruck der Einheit für ihn zu finden. Der
Gebrauch mannigfaltiger Fragmente alter Pracht zum
Schmucke seiner Gebäude War dem Italiener zur anderen
Natur geworden. Es war daraus eine decorative Richtung
entstanden, die sich begnügte, die Faeade in einer der
übrigen Kirche fremdartigen Weise zu schmücken. Es
kam jetzt darauf an, diesem Schmuck eine Rechtfertigung
zu geben, ihn mit der ganzen Construction in Ueberein-
stimmung zu bringen. Diese Aufgabe haben die Meister
des Domes in vielen Beziehungen sehr befriedigend gelöst.
Die Ausbildung der Kreuzgestalt, die Anwendung der
Kuppel als des sprechenden Symbols der Einheit des Gan-