Die
Marcuskirche
Zll
Venedig.
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wurde. Bald nach dem Regierungsantritte seines Nachfol-
gers Domenico Selvo wurden die Mauern mit Marmor be-
kleidet, den man aus Griechenland herbeiführte, 1085 fand
die Weihe statt ß). Wenn man das Gebäude betrachtet,
mit der bunten Verwendung mannigfacher edler Fragmente,
antiker Reliefs, Marmorplatten und Säulen, die augenschein-
lich von unzähligen alten Monumenten, ohne Zweifel aus
Griechenland und anderen östlichen Gegenden, als Beute
oder durch Handelsschiffe herbeigefülut sind, wenn man
die Mosaiken, mit denen das Innere so reich geschmückt
ist, genauer betrachtet, und die Spuren vieler Jahrhunderte
vom elften bis zum sechszelmten an ihnen findet, erkennt
man, dass es sich hier von einem Werke handelt, das zur
Nationalsache geworden War, an dem sich eine lange Reihe
von Generationen mit gleichem Sinne und gleichem Eifer
betheiligte. Die Reliquien des h. Marcus, welche im neun-
ten Jahrhundert von Alexandrien nach Venedig gelangt wa-
ren, hatten der neuaufkommenden Republik auch geistliches
Ansehen verliehen und ilnen Flor befördert, man betrach-
tete sie als ein Nationalheiligthum, als die Gewähr für die
steigende Blüthe der Stadt; religiöse und patriotische Ge-
fühle verbanden sich daher in dem Wunsche, die Kirche
des Sehutzpatrons aufis Reichste zu schmücken. Eine In-
schrift, die in der Kirche selbst umherläuft, spricht es aus,
dass der Tempel des Marcus, durch Bildwerk, Gold und
Gestalt eine Zierde lmter den Kirchen sein solle; sie spricht
von dem noch unvollendeten Werke, von einer Zukunft,
für die das stolze Gefühl des Venetianers die Bürgschaft
übernahm. Dieser bleibenden Gesinnung muss auch der
Plan des Domes, wie wir ihn noch jetzt sehen, zugesagt
haben, da man von ihm bei so langer Bauzeit nicht ab-
Wich. Mag er von einem Griechen oder einem Einheimi-
Franc.
Sansovino,
Venetia ,
der Ausgabe von
in
1663, p.