Städteleben.
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denen hier keine ausgebildete und einige Nationalität ent-
gegenwirkte. Zwar blieb eine gewisse Gleichheit der Be-
strebungen lllld der Gesinnung übrig, Welche auch den Er-
scheimmgen auf unserm Gebiete einen verwandten Charak-
ter gab, aber docärnicht verhinderte, dass einzelne Ge-
genden sich fast ganz absonderten und eigenthümiiche Wege
gingen de)
Die früheste und bedeutendste Erscheimmg dieser Art
ist Venedig. Es ist bekannt, dass die Lagunenstadt
schon in den Zeiten der Longobardenherrschaft eine eigen-
thümliche Stellung einnahm, und durch den Zusammenfluss
flüchtender Bewohner des Festlandes Elemente der Bildung
und des Reichthums erhielt, die dieser neuen und künst-
lichen Anlage eine ungewöhnliche Bedeutung gaben; dass
sie dann, durch die Gunst iuid Mängel ihrer Lage auf den
Seeverkehr hingewiesen, bald ein Wichtiger Handelsplatz
wurde und dem benachbarten Ravenna den Bang ablief.
Dieser Handel bestand ohne Zweifel hauptsächlich in der
Importation byzantinischer Artikel; Bischof Luidprand, Otto
des Grossen Gesandter in Konstantinopel, konnte den prah-
lenden Griechen, die ihm durch die Wiulder ihrer Industrie
zu imponiren glaubten, antworten, er habe das alles in Ve-
nedig gesehen. Schon hiedurch stand Venedig in Bezie-
hungen zum byzantinischen Reiche, die mit den Luxus-
waaren auch den Sitten Eingang schaffen mussten. Dazu
kam auch eine eigenthümliche politische Verbindung. Ve-
1') Als Hülfsmittel für die Architekturgeschichte Italiens in die-
ser Epoche habe ich im Allgemeinen nur Agincourfs bekanntes Werk,
das Prachtwerk von Gally Knight: Ecclesiastical Architecture in Italy,
und Hope's auch in den Zeichnungen nicht sehr zuverlässiges, aber
bequemes Handbuch: An historical essay on architecture anzuführen. Eine
beachtenswerthe kritische Untersuchung giebt Gordero, conte di St.
Quintino, delP italiana arehitettura durante 1a dominazione Longobar-
dica, Brescia 1829.