170
Italien.
diese höhere Begabung der Individuen wurde sogar ver-
derblich, Weil sie zu isolirtem Handeln trieb, die schwachen
Bande der Einheit stets auf's Neue sprengte, weil sie end-
lich nichts Besseres fand, dem sie sich Widmen konnte,
als jene Ueberreste des Alten, und durch das vergebliche
Bemühen ihrer Wiederbelebung die Verhältnisse nur noch
mehr verwirrte.
Dieser Verfall des Nationalgeistes findet
der Kunst den vollkommensten Ausdruck.
denn auch in
Man könnte
glauben, dass die natürliche Anlage des Volks, die Auf-
forderung zu feinerem Lebensgenusse, welche das Klima
des schönen Landes gab, das Vorbild so vieler noch er-
haltener römischer Denkmäler, die Ueberreste der Bildung
unter den Laien die italienische Kunst auch jetzt noch auf
einer wenigstens relativen Höhe erhalten haben müssten.
Allein dem war nicht so , sie sank hier tiefer als in irgend
einem Lande. Während die Deutschen und Franken aus
den Formen, welche ihnen erst in der karolingisehen Zeit
von Italien her überliefert waren, schon einen neuen Styl
zu bilden begannen, gab man hier nichts als eine matte
und verwirrte Wiederholung des Alten, Während man dort
die menschliche Gestalt zwar nnlebendig und schwerfällig,
aber doch mit dem Sinne für architektonische Regel auf-
fasste, wurde sie hier in barbarischer, das Gefühl ver-
letzender Rohheit dargestellt. Es ist dies ein merkwürdi-
ger Beweis für den innigen Zusammenhang, der zwischen
der Kunst und dem Volksleben besteht. Natürliche Anla-
gen, Bildung des Verstandes, Civilisation reichen nicht
hin, sie zu erhalten. In den sittlichen Elementen hat sie
ihren Ausgangspunkt, nur da, wo das Gefühl der Gemein-
samkeit vorherrscht, der das Individuum seinen Egoismus
Tode.
Spruch vor seinem
morior in exilio.
Dilexi justitiam
propterea
odi iniquitatem,
et