Mangel
nationaler
Einheit.
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Stämme durch die ihnen zugeführte römische Civilisation
geeinigt; in Frankreich und später in England entstand
durch die Mischung lateinischer und deutscher Elemente
das Bedürfniss völliger Verschmelzung. Es War daher ein
lebendiger, nach Weiterer Entfaltung strebender Keim, ein
höherer Antrieb gegeben, vermöge dessen diese Völker
ilne Nationalität mühsam erkämpften, aber als ein theures
Gut achteten. In Italien waren kaum so viele Hindernisse
zu überwinden, die Nachkommen der Ostgothen und Lon-
gobarden hatten längst ihre Eigenthümlichkeit aufgegeben,
die Sprachverschiedenheit reducirte sich auf blosse Dialekte.
Dafür fehlte es aber auch an jedem höheren Ziel, dem
die Einzelnen ihre eigennützigen Zwecke zu opfern hatten_
Nur das Neue, das Werdende erhebt die Gernüther; hier
waren Reste einer früheren Bildung gegeben, die man un-
thätig und ohne Wärme bewahrte, die nur verhinderten,
dass man nach Neuem strebte. Dazu kam, dass diese Bil-
dung denn doch auf heidnischen Fundamenten beruhete,
dass das antike Element republikanischer Selbstständigkeit
mit der monarchischen Tendenz des Christenthums nicht
wohl vereinbar war. Auch jetzt wie immer waren die Ita-
liener als Einzelne hochbegabt; wenn sie in die nordischen
Länder kamen und sich die höheren Interessen derselben
aneigneten, zeichneten sie sich vor den Einheimischen aus.
Abt Wilhelm von Dijon, Lanfrancus, Anselmus und An-
dere Wurden trotz ihrer italienischen Geburt Führer der
höheren Entwickelung der nordischen Völker. Wenn da-
gegen auf italienischem Boden sich ein wahrhaft grosser
Charakter hervorthat, stand er allein; Gregor VII. konnte
mächtig Wirken, die Kirchenherrschaft über Europa zu be-
gründen, der Mann seines Volkes wurde er nicht ü]. Ia
Sein
bekannter, wenn
nicht
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ächter
doch richtig erfundene