Verwilderung.
165
mögen, schon dass man sie machen konnte, zeigt, wie weit
es gekommen war.
Dieser Verfall der Geistlichkeit erklärt es, dass auch
in wissenschaftlichen Leistungen Italien den nordischen Völ-
kern nachstand, deren Lehrerin es noch vor Kurzem ge-
wesen war. Alle Wissenschaft war ja in diesem Zeitalter
Theologie und daher in den Händen der Geistlichkeit. Allein
dennoch dürfen wir uns das Volk im Ganzen nicht in glei-
cher Weise verwahrlost denken, es war vielmehr noch
immer civilisirter und unterrichtcter, als jene ultramontanen
Nationen, bei denen die Saat der Bildung zwar an einzel-
nen Stcllen schon herrliche Früchte trug, dafür aber noch
nicht weit ausgestreut war. Die neue Kultur war aller-
dings in Italien weiter zurück, dafür aber hatten sich noch
manche Ueberreste antiker Bildung erhalten. Die Geschicht-
schreiber beschäftigen sich wie immer nur mit den Ereig-
nissen des Tages, nicht mit den bleibenden Zuständen, die
ihren Zeitgenossen bekannt waren; sie geben uns daher
auch nicht ausführliche Schilderungen der damaligen Ver-
hältnisse. Allein wir haben doch manche vereinzelte Zeug-
nisse. In einem Gedichte aus der Mitte des zehnten Jahr-
hunderts wird ein Franke redend eingeführt, der die Ita-
liener unkriegerischen Wesens beschuldigt und unter An-
derem ihnen verwirft, dass sie hohe Häuser mit röthlichem
Metalle zu schmücken verständen Es muss hier also
doch noch ein Luxus geherrscht haben, der auf römische
'l'radition hinweist. Aber auch wissenschaftliche Schulbil-
dung scheint fortwährend verbreitet geblieben zu sein. Der
gelehrte Gerbert, der nachher als Sylvester II. den päpst-
lichen Stuhl bestieg, forderte einen in Italien wohnenden
Freund auf, ihm einige lateinische Werke zu schaffen. Du
w)
Pars
Oarmen panegyr. de laudibus Berengarii Augusti Murat.
1. p. 393. Elatasque domus rutilo fulcire metallo.
Scr.