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Romauischer
Styl
der
Rheinlande.
gegen die sächsischen Lande; während in diesen das deut-
sche Element sich am reinsten und selbstständigsten ent-
wickelte, näherten sich. die Verhältnisse jener denen der
romanischen Länder. In den Städten römischen Ursprungs
waren noch Ueberreste der alten Bildung verbreitet. Selbst
das Christenthum erschien hier, wo es eine ältere Kultur
vorfand, in anderem Lichte; es hatte nicht die einfache,
praktisch moralische Beziehung, es machte grössere kirch-
liche oder ascetische Anforderungen. Dagegen War die äus-
sere Ordnung nicht so kräftig geschützt wie dort; die pfalz-
gräfliche Gewalt, welche hier die Stelle der herzoglichen
vertrat, war mit dem Verfalle des karolingischen Hauses
geschwächt, Willkühr und Rechtsunsicherheit verwirrten,
wie in den romanischen Ländern, die Verhältnisse. Auch
in baulicher Beziehung war man auf romanischem Boden.
Trier war noch eine ganz römische Stadt; Köln hatte sein
Kapitol und manche Bauwerke aus dem konstantirlischen
Zeitalter, andere Städte sahen wenigstens in Thoren, Mauern,
Thürmen, Brücken die soliden, reinen Formen der antiken
Architektur. Ingelheim, Aachen, Nymwegeil zeigten in den
karolingischen Palästen und Kirchen die Nachahmung rö-
mischer Form. Daher erhielten sich denn die antiken Tra-
ditionen noch bis ins elfte Jahrhundert; die Vorhalle der
Klosterkirche St. Pantaleon in Köln, Welche aus dem Bau
des Erzbischofs Bruno, 964 980, erhalten ist , hat noch
wechselnde Schichten von Tnfsteinen und Ziegeln und eine
aus römischer Karniesform begleitete Profilirung der Deck-
gesimse, einzelne aus dem im J. 1049 geweiheten Bau
herrührende Theile der Kapitolskirche in Köln zeigen einen
ähnlichen Wechsel rother und Weisser Steinlagen und Pila-
4') Ammian (lib. XVII) erwähnt am Mittelrhein "domicilia cu-
ratius ritu Romano constructa", und hier wie in Frankreich und Italien
werden sich im Inneren der Städte solche Ueberreste römischer Civilisa-
tion im Gebrauche erhalten haben.