Symbolik.
81
Gleichnisse zunächst von Menschen gesucht und gefun-
den waren, so hinderte dies nicht eine innere nothwen-
dige Beziehung der verglichenen Gegenstände zu ein-
ander
anzunehmen.
Eine wichtige Rolle in dieser Symbolik Spielen ferner
die Z ah I env er hä l tn i s s e. Insofern sie mit den Maassen
des Raums und der Zeit, namentlich in der Astronomie,
zusammenhängen, gehören auch sie zu jenen unmittelbar
aus der ersten Schöpfung stammenden Gesetzen der
Natur; insofern sie in der historischen Chronologie be-
deutsam erscheinen, konnte man eine göttliche Anord-
nung annehmen. Ueberhanpt aber haben die Zahlen
einen geheimnissvollen Charakter, der die Mystiker aller
Zeiten beschäftigt und sie verleitet hat, die Bedeutsam-
keit, Welche den ersten, einfachsten Zahlen wirklich
beiwohnt, auch auf die übrigen auszudehnen. Ihre Un-
körperliehkeit, die Festigkeit ihrer Gesetze, der spröde
Ernst ihres Wesens imponiren dem sinnlichen Menschen,
während sie andrerseits durch die unbegränzte Mannig-
faltigkeit ihrer Combinationen sich gefällig jeder Deu-
tung fügen. Das Mittelalter behandelte die Zahlen mit
einer ehrfurchtsvollen Scheu. WVenn die Chronisten
Heere, Geldsummen, Schiffe einer Flotte oder dergleichen
Zll schätzen haben, so begnügen sie sich gewöhnlich,
sie als unzählbar, unschätzbar, unaussprechlich (innume-
rabiles, inaestilnabiles, ineffabiles) zu bezeichnen; allCS
Was über das gewöhnliche Maass hinausgeht, hat einen
Schein des Wunderbaren. Alle Traditionen V0ll der
Bedeutsamkeit gewisser Zahlenverhältnisse, die PYÜW
goräische Lehre von der Harmonie der Sphären und
ähnliche Philosopheme oder mystische Spiele fanden da-
her einen fruchtbaren Boden; die heilige Schrift, besonders
IV. 6