Antikes
und
nordisches
Naturgefühl.
der Wind weht und die Vögel singen, so weit die Erde
grünt und die Führe wächst, so weit der Himmel sich
wölbet. Durch raschen Ueberblick über Himmel und
Erde und durch seine Charakteristik geben diese Formeln
oft in kurzen Worten eine volle Landschaftsdichtung
Es sind zwar skandinavische Beispiele, die ich anführe,
weil die Ueberreste des deutschen Heidenthums durch
die Einwirkung des Christenthums gründlicher zerstört
sind, aber dass die deutsche Auffassung keine andere
war, als die des verwandten nordischen Stammes können
wir noch in den spätem deutschen Lokalsagen, Mährchen
und Volksliedern sehen. Auch hier finden wir stets den
Hinblick auf das Ganze der Natur, das Mitgefühl mit
dem stummen Leben der Pflanzenwelt, das geheimniss-
volle Spiel mit Bäumen, Blumen, Steinen, die Voraus-
setzung verborgener Kräfte, die sich in ihnen offenbaren.
Es leuchtet ein, dass diese Auffassung der Natur
dem Christenthume mehr zusagte, als die antike. Sie
nähert sich in der That derjenigen, die wir schon im
alten Testament finden. Wenn der Psalrnist Gottes
Grösse in der Schöpfung preist, hält er sich auch nicht
bei Einzelnem auf, betrachtet nicht den Menschen oder
den Bau des Thieres als grösstes TVunder, sondern
blickt im weiten Raume umher und verbindet alles zu
einem Ganzen. Aber ganz gleich stehen beide Auffas-
sungen doch nicht; der Blick des hebräischen Dichters
ist flüchtig, die Natur geht ihm völlig in dem Schöpfer
auf, ihre Erscheinungen kommen und verschwinden, wie
die Töne des Lobgesanges. Hier wird sie mehr um
ihrer selbst willen mit Liebe betrachtet, es besteht eine
Grimm,
Rechtsallerlh.
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