Die
scholastische
Philosophie.
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Ritter der Wissenschaft behaupteten wie jene der Kreuz-
züge das gelobte Land nicht, aber auch ihre 'l'l1aten
waren nicht ohne bleibenden Gewinn.
Die
Scholastik
förderte
in
der
That
eine
116118
und
tiefe Wahrheit ans Licht, sie gab Zuerst dem denkenden
Subjecte die richtige Stellung zu dem Inhalte des
Gedankens. Denn gewiss ist die Wahrheit ein einiges,
in sich verbundenes Ganzes; es ist, mögen wir es an-
erkennen oder nicht, es steht dem einzelnen Denker als
ein Festes und Vollendetes gegenüber, das er nicht
erfindet, sondern nur entdeckt. Dieser grosse Gegen-
satz war selbst den Griechen nicht völlig klar geworden,
sie stürzen sich gleichsam in die Welt des Gedankens
und können ihr eignes Thun von seinem Gegenstande
nicht unterscheiden. Ihre Systeme, von den ersten kos-
mogonischen Lehren bis zu Plat0's begeisterter und
scharfer Dialektik, gaben daher immer nur phantastische
Resultate und entbehren der letzten und vollsten Be-
stimmtheit.
Diese
Bestimmtheit
hatten
llllf
die
Schula-
stiker
im
Uebermaasse.
Denn
da
ihnen
die
YVahrheit
in einzelnen Sätzen und Wörtern vorgelegt war, hatten
auch alle ihre Folgerungen auf diese Sätze und Wörter
Beziehung, mussten sich innerhalb der dadurch gesteck-
len Gränzen halten, und gaben also abgerissene, aus der
Flüssigkeit des Denkens herausgerissene Begriffe. Dazu
kam der Gebrauch des Lateinischen, einer todten
Sprache, deren Worte der Vieldeutigkeit und Veränder-
liehkeit des Lebens entzogen sind, und daher fest und
abgeschlossen aber auch kalt und trocken dastehen. Der
Einfluss des Gefühls und der natürlichen Anschauung
war daher abgeschnitten, der Behauptung kam keine
Ußberzeugung entgegen, und jeder Satz musste mit