Die
scholastische
Philosophie
zuweilen mit der Wissenschaft in Conflikt gerieth, aber
im Ganzen war sie mit ihr einig, und fand bald in ihr
eine kräftige Stütze. Denn der Glaube wurde um so
fester und inniger, wenn man seinen Gegenstand sich
zu eigen gemacht, ihn gleichsam erlebt hatte, Die Un-
terscheidung zwischen Glauben und Wissen, die man
später aufgestellt hat, war noch unbekannt, es gab nur
eine Wahrheit, wenn man sie glaubte, wusste man sie
auch der Beweis war nur eine zwar nützliche, aber
nicht nothwexidige Zugabe zum Glauben. Indem man
nun aber die Schrift erklären und zerlegen wollte, konnte
man über die daraus hergeleiteten Begriffe nicht einig
werden, und wurde bei deren Erörterung wieder auf an-
dere Begriffe geleitet, die neuen Streit erzeugten. Das
Bewusstsein, dass die Wahrheit nur eine, dass sie
uns gegeben sei, und man also gleichsam nur danach
zu greifen habe, spornte den Eifer dieses Streites, die
dem Zeitalter eigene Kampfbegierde mischte sich hinein,
und die Schule ertönte von endlosen Disputationen, in
denen wie in den Turnieren und Fehden der Ritter die
edelsten Kräfte verschwendet wurden M). Aber bei alle-
dem dienten doch diese Disputationen dazu, die Waffen
des Verstandes mehr und mehr zu schärfen. Auch die
Im 13. Jahrh. fing man zwar an zu unterscheiden: ea esse
vera secundum philosophiam, sed non secundum fidem. Aber es war
dies ilßmßls 110011 etwas Neues und Unerhörtes. Quasi sint duae con
trariae veritatesl ruft der Bischof aus, der diese Distinction anfiihrt.
Tennemann a. a. 0- S- 460.
H) Johannes Sarisberiensis im Metalogicus II. c. 6. 7. bei Ten-
nemann VIII. 55 klagt, ut clament in compitis et in triviis doceant.
Omnem dictorum aut scriptorum excutere syllabam, immo et literam,
dubitantes ad omnia, quaerentes semper, sed nunquam ad scientiam
pervenientes, et tandem converti ad vaniloquialn ac nescieutes quid
loquamur aut de quibus asserant.