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Trivium
und
Qu adriviu m.
den letzten Jahrhunderten, nachdem die Quelle des Schaf-
fens längst versiegt, von Grammatikern zum Schul-
gebrauche zubereitet war. Nach Anleitung der von
diesen verfassten Lehrbücher bestand denn auch im
Mittelalter jeder gelehrte Unterricht in den s. g. sieben
freien Künsten; dem Trivium, Grammatik, Dia-
lektik und Rhetorik und dem Quadrivium, Arithmetik,
Geometrie, Musik und Astronomie. Diese an sich tro-
ckenen und dürftigen Lehren wurden natürlich unter
den Händen unwissender Mönche noch leerer und trocke-
ner. Bei jener Eintheilung war auf das Bedürfniss der
christlichen Theologie keine Rücksicht genommen, den-
noch behielt man sie jetzt als Vorbereitung für dieselbe
bei, und fuhr fort Alles, was man in jenen römischen
Handbüchern fand, vorzutragen, weil man das Nützliche
von dem Ueberflüssigen zu unterscheiden nicht ver-
mochte. Um sie aber ihrem Zwecke wenigstens schein-
bar anzupassen, suchte man in jeder dieser Wissen-
schuften theologische Beziehungen aufzufinden, Die
Arithmetik wurde erlernt wegen der in der heiligen
Schrift vorkommenden bedeutungsvollen Zahlen, die Geo-
metrie wegen der Maasse, etwa der Arche Noah und
des Salomonischen Tempels, in der Musik sprach man
von der Weltharmonie und in der Astronomie von wun-
Einflüssen
derbaren
der
xJ
Gestirne
Der
Schüler
über-
kam dadurch allerlei unverstandene Vorschriften, die er,
vüil er keine Bestimmung für sie wusste, nur gele-
gentlich in pedantischem Selbstgefühl anbrachte. An
Eine nicht werthlose poetische Aufzählung der Aufgabgn der
sieben Künste enthält der Anticlaudianus des Alanus de Insnlis vom
Ende des '12. Jahrh. (Lib. II. c. 27. in Opp. ed. de Visch. Antw.
1654. p. 354 E.)