Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

Festlust. 
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anzuziehen und benutzte das Zusammenströmen des Volkes, 
um ihm durch Bilder oder Schaustellungen die heilige 
Geschichte oder nützliche Wahrheiten zu versinnlichen 
und einzuprägen. Diese Tage kirchlicher Feier dienten 
dann auch dem weltlichen Treiben zu seinen Zwecken; 
an den hohen christlichen Festen versammelten die Für- 
sten ihre Lehnsleute, schlug der Handel seine bunten 
Buden auf, wetteiferten die Corporationen und Zünfte in 
prunkhaften Aufzügen und derben Genüssen. Die Kirche 
sah diese Mischung des Weltlichen mit dem Heiligen 
nicht ungern oder konnte sie doch nicht verhindern. Sie 
musste sogar dulden, dass der Witz des Volkes sich 
dabei freier bewegte und selbst ihre eigene Autorität 
nicht schonte. Sie wusste, dass ein natürliches Wider- 
streben gegen ihre Herrschaft darin einen im Ganzen 
unschädlichen Ausweg fand, und konnte im Gefühle ihrer 
ungefährdeten Festigkeit selbst dem muthwilligen Treiben 
mit Langmuth zusehen. Es ist bekannt, wie weit ein- 
zelne Volksgebräuchedieser Art über alle billigen Gräu- 
zen hinausgingexl; das Narren- und Eselsfest, die Wilden 
Mummereien und Tänze, die oft nicht blos an Feiertagen, 
sondern sogar in den Kirchen selbst ausgeführt wurden, 
erscheinen uns mit einer ernsten Religiösität unvereinbar. 
Allein das Mittelalter dachte darin anders; es fasste 
alles äusserlicher, sinnlicher auf, beschränkte die Anfor- 
derungen christlicher Frömmigkeit mehr auf einzelne 
kirchliche Handlungen, als dass es eine Durchdringung 
des ganzen Lebens forderte, und gestattete allSSeP den 
Momenten reumüthiger Zerknirschung auch Wieder eine 
derbe, übermüthige Lust. Die Kirche begnügte sich die 
Zügellosesten Ausartungen zu untersagen und gestattete 
auch da, unter dem Namen von Kinderfesten possenhafte
	        
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