Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

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Verehrung 
der 
Frauen. 
Ideenverbindung zwischen dem Heiligen und dem Weib- 
lichen fester begründen, und einigermaassen auf die irdi- 
schen Frauen zurückstrahlen, wenigstens auf reine 
tugendhafte Frauen, was sich dann, da man nicht will- 
kürlich wählen, nicht Beweis verlangen durfte, sehr 
bald auf alle Frauen erstreckte, die nicht durch grobe 
Arbeit und rohe Sitte entweihet waren, mithin auf alle 
edeln Frauen ritterlichen Standes. Schon vermöge seines 
Gelübdes war der Ritter verpflichtet den Frauen Schutz 
und Sorgfalt zu widmen, mithin auch ihnen die schuldige 
Ehrerbietung zu verschaffen und selbst zu zollen. Die 
Courtoisie gehörte zu seinen Standespflichten, und 
machte einen wesentlichen Theil seiner Erziehung aus. 
Sie wurde daher als ein Erlerntes leicht übertrieben, und 
erhielt durch diese Vermischung des Heiligen mit dem 
Irdischen eine fernere Steigerung, so dass sie fast die 
Sprache eines Cultus annahm. Daher ist es denn nichts 
Ungewöhnliches, dass wir Ausdrücke, welche zuerst 
der Plinnmelskönigin galten, auf irdische Frauen ange- 
wendet iinden, dass sie als die seligen, die reinen, 
als die Quelle aller Freude und alles Ruhmes gepriesen 
werden. 
Freilich waren sie nun zwar zugleich der erreich- 
bare Gegenstand irdischer Wünsche; allein dies minderte 
ihren Einfluss und ihre Verehrung nicht, sondern be- 
wirkte nur, dass auch die natürlichen Verhältnisse der 
Geschlechter in einem ungewöhnlich bedeutsamen Lichte 
erschienen. Die alte Welt hatte die Liebe mit männ- 
lichem Stolze bald tragisch bald tändelnd behandelt; 
Amor war bald der-schalkhafte Knabe, welcher mit den 
Waffen spielt, bald der furchtbare Gott, der den Helden 
in unmännlichen WVahnsinn treibt. Jetzt, da die Frauen
	        
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