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Einfluss
der
Frauen.
Aber wichtiger war der stille und bleibende Einfluss,
welchen sie durch die bessern Eigenschaften ihres Ge-
schlechts erlangten. In der Einsamkeit des Burglebens,
bei der häufigen Abwesenheit des Mannes waren die
Frauen die bleibenden Beherrscherinneii der Dienstleute.
deren Anhänglichkeit sie nicht durch äussere Gewalt
sondern durch milde Klugheit sich sichern mussten. Von
Natur mitleidig und hülfreich, durch eigene körperliche
Bedürftigkeit aufmerksam gemacht auf erleichternde, heil-
same Mittel, sammelten sie praktische Kenntnisse, und
verschafften sich durch Wohlthätige Wirksamkeit bei
ihrer rathlosen, unwissenden Umgebung ein begründetes
Ansehn. Dazu kam, dasslihr weicheres Gemüth reli-
giöser 'l'röstung in höherem Grade bedurfte, dass sie daher
den Geistlichen offeneres Ohr liehen und oft die Ver-
mittlerinnen
zwischen
ihnen
und
den
männlichen
Glie-
dem des Hauses wurden, dass sie auch sonst durch ihr
ruhigeres Leben mehr Beruf hatten, die religiösen Wahr-
heiten zu durchdenken und in sich auszubilden, dass sie
endlich als Erzieherinnen auch in den Knaben die ersten
frommen Gefühle erweckten, und dadurch einen bleiben-
den Anspruch auf Dankbarbeit und Achtung erlangten.
Wir besitzen schon aus sehr früher Zeit. Zeugnisse der
begeisterten Anerkennung dieser weiblichen und mütter-
lichen Wirksamkeit Ü. Bald aber steigerte sich ihr
4') Interessant ist die Schilderung, welche der Abt Guihert von
Nogent (geb- 1055 "i" 1124; in der Collection des mem. relatifs ä
Phist. de France. t. IX. p. 346 und bei Guizot n. a. O. IV. 153.)
von seiner Mutter gieht. Ihr Walten auf der ritterlichen Burg, ihre
Schönheit, ihr tugendhafter Blick, die Ruhe ihres Benehmens, die
Gewalt die sie dadurch auf ihre Umgebung ausübte, gehen ganz das
Bild, welches ich oben im Texte audeute, und die Wärme mit der
ihr Sohn dies schildert, indem er ihr den grössten Einfluss auf sich