Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

Die 
Frauen. 
Zwiespalt des Gefühls. Das Bewusstsein dieser Nie- 
drigkeit erschwerte das Aufkommen feinerer Empfin- 
dungen, und verleitete zu unwürdiger Unterwürfigkeit 
und zur Wahl unedler Mittel. VVenn dagegen die 
Anmaassungen der höhern Stände die Bürger empör- 
ten, oder wenn bei den idealen Bestrebungen derselben 
dennoch die Schwäche der menschlichen Natur recht 
grell hervortrat, dann fühlten sie sich wieder in ihrem 
Rechte. Dies gab ein Behagen an ihrer einfachen Exi- 
stenz, an dem unverkümmerterl derben Genusse, das 
sich leicht mit einem bald gutmüthigen bald bittern Spotte 
gegen das ideale und vornehme Treiben verband. 
S0 haben wir den Kreis der männlichen Gestalten 
überblickt, und wenden uns nun zu den Frauen. Be- 
kanntlich genossen sie in keiner Zeit eine grössere Ver- 
ehrung als im Mittelalter. Man hat auch diese Erschei- 
nung aus altgermanischen und allgemeinen christlichen 
Ansichten erklären Wollen. Allein jene Ehrfurcht der 
Deutschen des Tacitus, die in den Frauen etwas Hei- 
liges und Prophetisches erblickten, war mit dem Heiden- 
thume verschwunden, wir finden schon in der Völker- 
wanderung keine Spur davon i). Das Christenthum 
sichert sie zwar vor orientalischer Dienstbarkeit, spricht 
aber ihre Unterordnung unter den Mann, ihr Schweigen 
in der Kirche sehr ernsthaft aus. Der Grund jener Ver- 
ehrung war einfach, dass sie sie verdienten, nicht deshalb 
weil sie besser gewesen wären, als Frauen anderer 
4') Theoderichs Tochter, die kluge Amalasunllna, wagte es nicht, 
die Herrschaft über die Ostgotlnen allein zu führen, sie nahm Theodat 
zum Mitregenten, nne pro sexus fragilitate a Gothis spernerelurß 
(Jornandes c. 59). Sie hatte während der Vormundschaft ihres 
Sohnes darüber bittere Erfahrungen gemacht.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.