Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

Bürgerliche 
Sitte. 
steigern und wenigstens besser s cheinen. Diese künst- 
lich e Ueberhebung rief sogleich einen Gegensatz her- 
vor, der ritterlichen Sitte trat eine bürgerliche an 
die Seite. 
Indern die Bürger der Städte sich ihrerseits mit der 
plumpen Rohheit der Bauern verglichen, und auf christ- 
liche Ehrbarkeit, auf einen gewissen Anstand, auf Ach- 
tung ihrer Standesgenossen Anspruch machten, musste 
auch bei ihnen ein höheres Selbstgefühl entstehen. Es 
konnte nicht unbemerkt bleiben, dass neben der erlernten 
Tugend und Zierlichkeit" der Ritter die derbe unge- 
schminkte Wahrheit einer einfachem Sitte ihren eigen- 
thümlichen Werth habe, und die Städte hatten allen 
Beruf dazu eine solche auszubilden. Während dort nur 
das Ausgezeichnete galt, blieb man hier bei dem Ge- 
wöhnlichen und Nützlichen stehn. Statt des Ruhmes 
suchte man nur unbescholtenen Ruf, statt des Abenteuers 
die Häuslichkeit, statt verschwenderiseher Freigebigkeit 
sparsames, wirtbscliaftliches Wesen, statt des gewagten 
Waifenspiels den langsamen Erwerb des Fleisses. Aber 
freilich war damit ein gewisses Gefühl der Niedrigkeit 
verbunden. Die Bürger dieser Städte waren denn doch 
sehr verschieden von denen der alten Welt; sie waren 
nicht Herrschende, sondern nur Befreite, ihre Rechte 
gingen nur so weit, wie ihre Freiheitsbriefe , sie fühlten 
sich noch ilahe dem Stande der Hörigen. Diese Nie- 
drigkeit hatte sogar den Anstrich einer Schuld; neben 
der Selbstverleugnung des Geistlichen, der Kasteiung 
des Mönchs, der aufopiernden Kühnheit des Ritters er- 
schien das bürgerliche Treiben, das blos um Nahrung 
und häusliche Ordnung bekümmert war, allzusehr am 
sinnlichen haftend. Dadurch entstand ein eigenthümlicher
	        
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