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Ritterliche
Moral.
und Festigkeit, bald hochmüthig und hart , habsüchtig
und anmaassend, bald endlich mit einem übertrieben
schwunghaften Ausdrucke, in phantastischer Prunksucht
und Ruhmbegierde. Das Ritterthum brachte in der That
zuerst christliche Uneigennützigkeit und menschliche
Regungen in die tapfere Rohheit der verwilderten Ge-
müther, es brach die Bahn für christliche Sitte. Es ver-
hütete die mönchische Abtödtung des Lebens, und gab
zuerst das Gefühl der Würde, ohne das keine moralische
Haltung möglich ist. In manchen Beziehungen beschämten
die Ritter ihre geistlichen Vorbilder; im Festhalten des
gegebenen Wortes in Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit;
sie unterlagen nicht der Gefahr bedenkliche Mittel für
heilige Zwecke zu wählen. Aber diese Redlichkeit war
nur eine formelle, eine Standespflicht, die, weil sie als
äussere Regel an der Natur künstelte, eine neue innere
Unwahrheit erzeugte.
Eine christliche Aristokratie hat immer eine eigen-
thümliche Mischung des Hochmüthigen und Demüthigen,
weil sie die Gleichheit mit ihren christlichen Brüdern
anerkennt
und
sich
doch
über
dieselben
erhebt.
Die
Bür-
der
gen-
antiken Städte bildeten
nicht sowohl einen
bevor-
zugten Stand , als vielmehr den einzigen; sie allein
repräsentirten die Menschheit, sie waren die Regel, die
andern, Freigelassene und Sclaven, die Ausnahme. Der
ritterliche Adel dagegen erhob sich selbst über die ge-
meine Menschheit, er musste sich daher absondern,
4') Die Bitter lehnten (wenigstens in einzelnen Fällen) es ab,
durch päpstliche MachtVollkommenheit von ihrem Eide entbunden zu
werden. Nam probro ducitur apnd Francigenos jnramentum
solvere quamlibet male juratmn sit. Ep. Bernardi 218 ad Innoc. ll.
bei Wilken III. 36.