Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

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Die 
ritterliche 
Ehre. 
und der Geburt übersieht. Nicht ganz geistlich und 
nicht bloss weltlich stand das Ritterthum recht eigentlich 
in der Mitte der Zeit und repräsentirte mehr als irgend 
eine andere Institution das ganze Wesen derselben. 
Aus dieser eigenthümlichen Stellung ergab sich der 
Begriff der ritterlichen Ehre. Zu allen Zeiten erfordert 
jede Aristokratie von ihren Mitgliedern die Beobachtung 
eines gewissen Anstandes, die Erfüllung moralischer 
Pflichten, nicht blos aus innern Gründen, sondern auch 
des Scheines halber. Hier bekam dies durch die Grund- 
lage eines religiösen Gelübdes, durch die Unbestimmtheit 
und Schrankenlosigkeit desselben, durch die der Zeit 
eigenthürnliche Begeisterung und die Neigung zum Wun- 
derbaren, und andrerseits durch den Gegensatz der 
herrschenden Demuth eine ungewöhnliche Färbung. Es 
lagen darin Motive der Bescheidenheit und der Eitelkeit 
gemischt; die That war nur Pflicht, angelobte und stan- 
desmässige Pflicht, und doch wieder freie, den Ruhm 
und das Ansehn der Person und des Standes fördernde 
Leistung, eine Leistung, in der das aufgeregte, schwär- 
merisehe Gefühl sich genügte und auch Andern Zeugniss 
von seinem kühnen Fluge ablegte. Alle strebenden 
Kräfte frommer Begeisterung, jugendlicher Kampfeslust, 
kriegerischen Ehrgeizes, begehrliehen Muthes Wurden 
dadurch angeregt und steigerten sich im VVetteifer der 
Standesgenossen. Diesem Streben eröffneten nun die 
Verhältnisse der Zeit das weiteste Feld; vor ihm lagen 
die Länder des Abendlandes mit ihren Fehden, mit 
Rechten, die zu vertreten, mit Unbilden, die abzustellen 
waren, die Länder des Orients mit ihren Heiligthümern 
und Wundern. Weder der Zahl noch dem Maasse der 
'l'haten 
wallen 
Gränzen 
gestellt, 
nichts 
war 
dem 
Muthe
	        
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