Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

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Wechsel 
VOI] 
Demuth 
und 
H0 chmuth. 
Es ist nicht schwer zu begreifen, wie diese sinnliche 
Denlüthigllng in Hochmuth umschlagen musste. Da 
sie in äusserer Handlung bestand, so hörte sie auch mit 
dieser auf. Der Büssende musste wieder ins Leben 
eintreten, seine Rechte behaupten, sein Amt üben; es 
ist erklärbar, dass er nach so tiefer Erniedrigung das 
Gleichgewicht nicht sogleich wieder fand, dass er die 
Härte, die er selbst geduldet, auch gegen Andere ausübte. 
Grade weil er sich nichtig fühlte, mussten ihm die Gaben 
des Glücks als eine unerhörte Steigerung seines Wesens 
erscheinen und ihn berauschen. Auf die heftige Demü- 
thigung folgte daher leicht eine Selbstüberhebnng, aut 
die Busse neue Versündigung. Die Extreme riefen sich 
gegenseitig hervor. Die Geschichte ist voll von Bei- 
spielen der auliallendsten, oft in kürzester Frist eintre- 
tenden Contraste dieser Art  Demuth und Hochmuth 
sind daher auch den Schriftstellern der Zeit geläuiige 
Worte, sie bringen alle Handlungen unter diese Kategorie 
und ersparen sich dadurch weitere psychologische Er- 
klärungen. 
Markgrafen Heinrich von Meissen (1103) vor ihren Dienstleuten, bei 
Stenzel Gesch. d. fränk. Kaiser. S. 713. Agnes, Gemahlin Heinrich 
IV. vor den Kirchenversalnmlungen von Constanz und Piacenza gegen 
den Kaiser klagend: peccatum suum    sponte et pnblice conüteri 
mm erubuit. Daselbst S. 552. Andere Beispiele Schlosser lll. l. 
361 und Menzel D. G. VI. 111. 
4) Eine besonders charakterisiische Gestalt ist Fulco Nerra, 
Graf v Anjou (T 1040), der immer abwechselnd bald Bussreisen 
nach Jerusalem macht, auf Reliquien so begierig ist, dass er, während 
er von Ungläubigen bewacht. wird, ein Stück vom Steine des h. 
Grabes abbeisst, bald wieder Raub und Mord gegen alle seine 
Verwandten und Nachbarn iibl. (Schlosser II. 2. S. 154. XVachs- 
muih, Sittengesch. II. 449).
	        
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