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Plastik
und
Malerei.
der Münster in Strassbur g. Das Mittelportal giebt den
eigentlich historischen Theil der Heilslehre. Unten am
Mittelpfeiler die Jungfrau, auf den Seiten alttestamen-
tarische Könige und Propheten, gleichsam ihr physischer
und geistiger Stammbaum. Im Bogenfelde ist die Ge-
schichte Christi vom Einzuge in Jerusalem bis zur Himmel-
fahrt dargestellt, und in den Bögen geben kleine Gruppen
das Wesentliche des alten und neuen Testamentes. Von
aussen anfangend enthält der erste Bogen die Schöpfungs-
geschichte bis zur Flucht Kains, der zweite die Patri-
archen, der dritte die Martyrien der Apostel, der vierte
die Gestalten der Evangelisten und Kirchenlehrer, der
fünfte endlich Wunder Christi, welche offenbar wegen
ihres Vorranges und ihrer Verbindung mit den Darstel-
lungen des Bogenfeldes mit Verletzung der historischen
Reihe die innerste Stelle einnehmen. Das Seitenportal
zur Linken des Beschauers zeigt im 'l'ympan die Jugend.
gesehiehte Christi, die Anbetung der Könige, Mariä
Reinigung, den Kindermord, die Flucht. Die Statuen be-
stehen grösstentheils in gekrönten Jungfrauen, Tugenden,
welche die Laster niedertreten, vielleicht auch Sibyllen
nebst einem Propheten. Am anderen Seitenportale zeigt
das (zerstört gewesene aber treu hergestellte) Relief des
Bogenfeldes die Auferstehung und das Gericht, während
in den Statuen die klugen und thörichten Jungfrauen mit
dem Bräutigam angebracht sind.
Alle drei Portale stehen also in einem inneren Zu-
sammenhaxlgc, den dcl-Bcsclmauer wie im Buche von der
Linken zur Rechten lesen soll. Zuerst die vorbereitende
Gnade, die Tugend, verbunden mit den lieblichen Scenen
der Kindheit Christi, überhaupt also die ahnungsvolle
Frühzeit. Im lilittclportal die eigentliche Ileilslehre durch