Darstellung
Propheten u.
Apostel.
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Die Jungfrau ist natürlich ein unendlich oft wieder-
kehrender Gegenstand. Auch bei ihr hält die Kunst sich
mehr auf dem einfach historischen Boden. Ihre apokryphe
Lebensgeschichte kommt in Miniaturen und auch in den
Kirchen vor, und die Propheten werden oft mit den auf
sie gedeuteten Stellen ihrer Schriften neben sie gestellt.
Dagegen macht die Kunst von den s. g. Marialien, d. h.
von den zahlreichen symbolischen Beziehungen auf die
Jungfrau, welche man in der Gerte Aarons, in dem
Vliesse des Gideon, das allein vom 'l'hau unberührt blieb,
und in anderen alttestamentarischen Hergängen, sowie
in der fabelhaften Geschichte vieler Thiere, des Ein-
horns, Phönix, Löwen zu linden glaubte, noch keine An-
wendung, obgleich sie in prosaischen und poetischen
Werken schon benutzt wurden. Ihre bildliche Darstellung
gehört erst dem 15. Jahrhundert an, wo näher davon zu
sprechen ist.
Prop heten und Apostel erscheinen immer in dem
schon erwähnten antiken Kostüme, mit langer Tunica, mit
oder ohne Mantel, meist mit unbedecktem Haupte und
unbekleideteu Fiissen. Die Propheten sind gewöhnlich
höheren Alters, oft mit langem fliessenden Barte, und
unterscheiden sich dadurch, dass sie Schriftrollen, während
die Apostel Bücher halten; man wollte dadurch andeuten,
dass jene nur unvollkommene, verhüllte, diese die klare
und entfaltete Kenntniss des Heils besassenik). Die ein-
zelnen Apostel und Propheten wurden keinesweges sorg-
Durandus Rationale I. c. 3 Ante Christi adventum üdes ügu-
rative ostendebatur et quoad multa implicata erat. Ad quod osteu-
dendum patriarchae et prophetae pinguntur cum rotulis, per quos
quasi quaedam imperfecia cognitio designatur. Quia vero apostoli in
Christa perfecte edocti sunt, ideo libris, per quos designatur congrue
perfecta cognitio, uti possunt.