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Klosterleben.
Charakter des Altklugen, Pedantiscllen; man Fühlt,
dass es mehr von einer angelernten Regel als von freiem
Gefühle geleitet wird; wo dieses hervorbrieht, zeigt es
sich ungeübt, plump, gewaltsam, mit einer scurrilen oder
kindischen Naivetät.
Neben der starren Regelmässigkeit des mönchischen
Lebens ist dann die allgemeine Haltungälosigkeit
der Weltlichen um so auffallender. Man kannte nur
den Begriff des Gebots, nicht den einer freien Sittlichkeit,
und sah eine unmoralische Handlung nur wie einen
Verstoss gegen die Vorschriften der Kirche an
betrachtete die That nur mit dem Gedanken an Lohn
und Strafe. Es konnte daher nicht ausbleiben, dass
unreine Gemüther sich alles erlaubten, wenn sie durch
Busse oder gute Werke sich loskaufen zu können
glaubten Aber selbst die Bessern, welche redlich
das Gute wollten, vermochten es nicht zu treffen; die
Verwirrung der Begriffe, die Dunkelheit der Motive
machte es unmöglich den moralischen Zusammenhang
der That und des Charakters bei Andern zu ergründen
und danach die eigene Handlung einzurichten. Jeder Han-
delnde trat in eine endlose Verwickelung ein, wo an
Berechnung und Consequenz nicht mehr zu denken war;
er gab selbst den Anspruch darauf auf, und die That
gehörte mehr dem Zufall als der Ueberlegung an. Die
ü) Selbst der gebildete und feinfühlende Lalnbert von Aschalfen-
burg bezeichnet unmoralische Handlungen schlechtweg als contra
leges ecclesiasticas (z. B. S. 362 bei Pistorizis.)
4") Wenn es auch nicht wörtlich wahr ist, dass der Erzbischof
Adalbert von Bremen den jungen Heinrich IV. belehrt habe: wFac
omnia. quae placent animae tuae, hoc solum observans, ut in die
mortis tuae in recta fide invenierisß, wie dies der Auctor belli Saxon.
behauptet, so mussten doch leicht ähnliche Gedanken bei den Laien
aufsteigen.