Darstellung
Christi.
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Gehen wir die Eigenthümlichkeiten dieser Hauptdar-
stellnngen durch, so ist zunächst die Tracht des Erlösers
in allen erwähnten Momenten, so Verschieden sie sind,
in der Regel und wenigstens in der früheren Zeit die-
selbe; eine einfache lange 'I'unica mit langen Aermeln,
nnbedecktes Haupt und unbekleidete Füsse. Alle Per-
sonen der Gottheit, sowie die meisten der Propheten und
sämmtliche Apostel wurden so bekleidet; die antike Tracht,
welche man bei diesen ältesten Gestalten mit treuer
Beobachtung der Tradition beibehielt,
Zeichen einer höheren Würde.
wurde
auch
das
Das Christuskind auf dem Schoosse der Jungfrau
wird, Wenigstens in der ersten Hälfte desZeitalters nicht
von ihr gehalten, sondern sitzt frei und aufrecht auf ihren
Knieen, vresidet", wie Durandus bezeichnend sagt, „in
gremio matris"; es thront schon hier. Auch ist es in
Zügen und Formen mehr ein kleiner Mann, als ein Kind,
bekleidet, ernsthaft vor sich blickend, die Weltkugel in
der Linken, die Rechte segnend oder lehrend erhobenii).
Im 13. Jahrh. wird die Scene allmälig menschlicher, die
Mutter umfasst das Kind; es hält noch Globus oder Buch,
segnet noch und ist bekleidet, aber es ist kleiner und in
Haltung und Mienen kindlicher. Im 14. Jahrh. geht man
in dieser Richtung Weiter, namentlich die stehenden Sta-
tuen der Jungfrau werden immer freier und drücken das
Kind recht innig und mütterlich an die Brust. Die Bahn
ist damit gebrochen, und der Uebergang zu der häuslichen
Auffassung der h. Familie, die später beliebt wurde, gemacht.
4') Der Gedanke, in dem Kinde die göttliche Weisheit durch-
leuchten zu lassen, ist sehr deutlich ausgesprochen in der Inschrift
auf einem Relief (aus der abgebrochenen Kirche zu Beaucaire; vgl.
Märimee Midi p. 336 und Caumont im Bull. mon. XI): In gremio
matris residet sapientia patris.
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