Humoristische
Darstellungen.
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Dies war schon im 13. Jahrh. so häufig, dass ein stren-
gerer Dichter den Geistlichen seiner Zeit Vorwil-ft, dass
sie in ihren Münstern Isengrin und seine Frau eher dar-
stellen liessen, als das Bild unserer lieben Frauensl
Diese Thierfabeln hatten eine mehr oder minder moralische
Bedeutung und eigneten sich vortrefflich zur Darstellung,
es war daher sehr natürlich, dass man sich diese nicht
versagte. Nach unseren Sitten würde dies der Bestim-
mung eines kirchlichen Raumes widerstreben; das Mittel-
alter lebte aber zu sehr in der Kirche, diese fiel mit der
Welt so vielfältig zusammen, dass man eine solche
Mischung des Ernsten und Heitern nicht unschicklich
fand. Die Thierfabel ist an sich satyrisch und in diesem
Sinne wurde sie hier aufgefasst, und zwar meistens so,
dass die Satyre unmittelbar die Geistlichen und Mönche
traf und ihre Unwissenheit, Sinnlichkeit, Habsucht u. s. f.
geisselte. Daher erscheint dann, und zwar innerhalb der
Kirchen, der Fuchs, welcher den Hühnern predigt M)
oder der Esel, Welcher liest, lehrt, Schach oder Harfe
spielt, in der Mönchskutte oder gar in geistlicher Trachtt").
des Baums, unter welchem der Fuchs steht, der Storch, welcher aus
dem Rachen des Wolfs den Knochen herausholt. Beides hier wohl
mit moralischer Deutung auf die Gefahr der Verführung und des
Lasters.
nEIl leurs monstiers ne font pas faire si tust Pimage Nostre
Dame com font Ysengrin et sa fame." So der Prior Gaultier de
Coinsi vor 1236. Annal. archeol. II. p. 269.
l") Dies oft in Frankreich, besonders im südöstlichen (Bulletin
du comite historique des arts et man. II. 686.), aber auch in Deutsch-
land z. B. am Dom in Brandenburg (Otte in den Mitth. d. Thür.
Sächs. Vereins. VI. 48.)
Ich erinnere nur an die bekannten Reliefs dieser Art in
Freiburg und Strassburg; ähnliche finden sich in sehr vielen alten
Kirchen.