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Plastik
und
Malerei.
überhaupt als gewöhnlichen Zierrath ansahß). Diese
edlen Thiere erschienen gleichsam als Trabanten der
Macht und des Vornehmen. So findet man Löwen, be-
sonders in Italien, häufig an den Kirchthüren als kräftige
Wächter, oder unter dem Fusse der Säulen zum Zeichen
der Macht der Kirche"), so stehen sie an der Facade
des Strassburger Münsters wie eine Trabantenwache
neben den Statuen Salomois und der Jungfrau. In dem-
selben Sinne liebte man Adler als ein unbestimmtes Symbol
der Hoheit in Palästen anzubringen. In anderen Fällen,
wo die Thiere mehr als blosses Ornament sind, dienen
sie doch nicht einer kirchlichen Symbolik, sondern einem
harmlosen, aber derben Humor. Oft sind sie gradezu aus
der damals so sehr beliebten und verbreiteten Thierfabel,
namentlich
auch
aus
dem
Reineke Fuchs
entnommen
126). Im Kloster St. Florent zu Saumur war an solchen Festtagen
der Abt elephantinis vestibus, der Prior leoninis bekleidet (Mar-
tene et Durand, Amplissima collectio, Tom. V. col. 1102).
So heisst es im Lohengrin (ed. Görres. p. 60): Das bette
wolgezieret was mit golde rich und seiden, manic tier darin gewoben.
Bekannt sind die tredlichen seidenen Gewebe, gewöhnlich byzan-
tinischer, oft auch wohl arabischer Fabrication, welche an vielen
Orten gezeigt werden, und meistens aus der Zeit der Kreuzzüge her-
stammen, deren Verzierungen gewöhnlich in mannigfach gestellten
Adlern und anderen Thieren bestehen. So u. a. in dem aufgefun-
denen alten Kleiderschatze der Marienkirche zu Danzig, im Dom zu
Metz u. s. f.
i") Man hat darin Wappenthiere zu entdecken geglaubt und zu-
weilen mag man auch solche Beziehungen hineingelegt haben. S0 ist
der Greif das Wappen von Perugia, der Wolf das von Siena, und
am Palazzo publico der ersten Stadt ist ein Greif angebracht, der
einen Wolf zerreisst. Bekanntlich hält man den Löwen gewöhnlich
für das Zeichen der gueliischen Partei, wo dann die menschliche oder
thierische Gestalt zwischen den Klauen die ghibellinische andeuten
würde. Indessen findet sich dasselbe Symbol auch in ghihellinischeu
Städten und selbst in Frankreich, wo jene Deutung unmöglich ist.
Am grossen Portal zu Amiens der Rabe auf den Zweigen