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Plastik
und
Malerei.
Thiersymbolik wäre daher nur dann möglich gewesen,
wenn die bildende Kunst selbstständig jene schwanken-
den Deutungen Iixirt hätte. Diese würde dann aber
auch uns, wie den Zeitgenossen, aus den Bildwerken
klar werden, was aber keinesweges der Fall ist. In
einigen Fällen erkennen wir zwar durch den Zusammen-
hang des Bildwerks, dass eine wirkliche Symbolik beab-
sichtigt war, und die Thiergestalten den Feind, die alte
Schlange nach dem biblischen Sprachgebrauche, oder die
einzelnen Laster nach der Unterscheidung des Mittelalters
bezeichneten ü). In anderen lässt die Zusammenstellung
Vol. 7. col. 65 tf. abgedruckten Aufsatze) den Begenrinnen, welche
aus den Thürmen von St. Denis hoch über dem Kirchendache dem
Auge kaum sichtbar hervorragen, eine symbolische Bedeutung bei-
legen, und giebt bei dieser Gelegenheit eine reiche Blumenlese von
allegorischen Deutungen aus den Schriftstellern des Mittelalters,
denen sie eine Tabelle über die mehrfachen Auslegungen jedes ein-I
zelnen Thieres beifügt. Allein grade diese Tabelle widerlegt sie;
denn wenn so der Hund die verschiedenen Bedeutungen von Neid, Zorn,
Trägheit, Geiz, Gefrässigkeit und Wollust hat, so konnte seine Dar-
stellung auch keine bestimmte Vorstellung, sondern höchstens die
allgemeine eines Lasters gehen.
Ü Es sind nur wenige Fälle, wo die Deutung der Thiere als
Sünde ausser Zweifel ist. ln N. D. du Port zu Clermont in Auvergne
ein Mann, der eine Schlange bekämpft, mit der Inschrift: Iras occidit;
ein Kampf zwischen Menschen und mancherlei Thieren: Daemones
contra virtutes pugnant; auf dem Schilde eines Kriegers: Caritas.
(Mallay Essai sur les äglises du Dep. du Puy-de-Dome. Moulins
1841). Im Kreuzgange zu Moissac in der Provenee ein Nashorn
mit Flügeln: Serpens antictrs (sie!) qui est Diabolus: (Voyage dans
Fancienne France). Zuweilen sind auch die sieben Hauptsünden,
durch Schlangen dargestellt, welche die sündhaften Theile des Kör-
pers benagen, beim Stolze den Kopf, beim Neide das Herz, beim
Geize die Hände, bei der Lässigkeit die Fiisse u. s. f. So finde;
sich wenigstens in der Vorhalle derselben Kirche zu Moisgac eine
Frau, welcher der Teufel zuspricht, während eine Schlange sie in
die Brust beisst, als Symbol der Wollust. Charles Dumoulins im
Bulletin monumental. Vol. 7. p. 193 zählt 8 ähnliche Beispiele aus