Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

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Plastik 
und 
Malerei. 
Gestalt, die Anfechtung unter dem Bilde eines Kampfes 
darzustellen. Dazu wählte man nach dem Vorgange ein- 
zelner Bibelstellen feindliche, gefährliche Thiere oder auch 
fabelhafte, schreckenerregende Ungeheuer. Namentlich 
schwebten den Meistern dabei die Thiere vor, welche der 
90. Psalm der Vulgata nennt: Super aspidem et basilis- 
cum ambulabis, et conculcabis leonem et draconem. Luther 
verdeutscht auch die Thierenamen (Ps. 91. v. I3): Auf 
Löwen und Ottern wirst du gehen und treten auf junge 
Löwen und Drachen; das Mittelalter aber hielt an jenen 
klangreichen Namen unbekannter Thiere fest, und schon 
die Kirchenväter hatten begonnen, sie mit der Freiheit, 
welche die Fabeln der alten Welt ihnen gewährten, aus- 
zumalen. Von dem Aspis wusste man nach Ps. 57 (bei 
Luther 38. v. 5), dass er sein Ohr verstopfe, und gab 
ihm deshalb einen Schlangenschweif und einen Kopf mit 
deutlich erkennbarem Ohre, etwa wie der eines Hundes. 
Von dem Basiliscus las man in den Schriften der Alten, 
dass er, der König der Schlangen, eine Krone trage. 
Man bildete daher auch ihn unten als Schlange, gab ihm 
aber dabei den Körper eines Hahns a). 
Bei diesen unbekannten Thieren lag es also nahe, 
eine geheimnissvolle Bedeutung zu vermuthen. An sie 
reiheten sich gewisse fabelhafte Geschöpfe, von denen 
man in den Schriften der Alten Nachricht fand, oder 
deren Namen sonst in Umlauf kamen, wie jener Mani- 
corus, dem noch der Lehrer des Dante, Brunetto Latini, 
4') Am Portal des Doms zn Amiens finden sich unter der Ge- 
stalt Christi wirklich Löwe und Drache, Aspis und Basiliscus in der 
beschriebenen Weise und also mit unzweifelhafter Beziehung auf die 
Worte des Psalms. Vgl. die scharfsinnige Erklärung dieses merk- 
würdigen Portals von Jourdain und Duval in Bull. monumental. Vol. 
7. p. 145 if.
	        
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