Behandlung
des
Reliefs.
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Anwendung kam: und da beide sich an die Architektur
ansghlgggen, so war damit die Andeutung gegeben, beide
zu einer Gesammtdarstellung zu verbinden, in Welcher
nach einer gewissen Symbolik des Raums Statuengruppeu
und Reliefs in bestimmte Beziehungen gebracht waren
und ein zusammenhängendes in mehrere Abschnitte zer-
fallendes Ganzes gaben. Man konnte dann auch die
Darstellungen an den drei Portalen, so wie die etwa
weiter an der Fagade angebrachten Sculpturen nicht
willkürlich wählen, sondern brachte auch sie in Zusammen-
hang, und besass so ein Mittel, umfassende encyklopä-
dische Gedanken bildlich auszuführen. Ich werde weiter
unten Beispiele solcher grossartigen Compositionen geben.
Da das malerische Princip in der Architektur und
selbst in der Plastik herrschte, kam es natürlich auch in
der Malerei selbst zur Anwendung, allein nicht, wie
man vielleicht glauben könnte, in weiterer Ausbildung
als dort. Sie beschränkte sich vielmehr auf einzelne sta-
tuarisch aufgestellte Gestalten oder auf Compositionen von
mässiger Figurenzahl, gab ihnen aber keine natürlichen
Umgebungen oder höchstens, WO es die Verständlichkeit
erforderte, die Andeutung eines architektonischen Raums
oder der Bäume eines Gartens, und füllte den übrigen
Theil der Fläche durch Vergoldung oder durch einen
blauen oder rothen Ton oder gar durch ein tapetenartiges
Muster. Man darf diese Zurückhaltung nicht aus der
mangelhaften Kenntniss der Natur, etwa der Licht- und
Luftperspective erklären; grade die Uukenntniss würde
sich leicht über diese Hindernisse fortgesetzt haben. Sie
hatte vielmehr einen inneren Grund. Der materielle Zu-
sammenhang des Naturlebens hatte für das Mittelalter
kein Interesse; der religiöse Sinn fragte nur nach dem