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Plastik
und
Malerei.
berücksichtigt. Allein so lange das äusserliche, that-
kräftigeLeben vorherrscht, bleibt sie untergeordnet; jetzt
erst wurde sie selbstständig wirksam. Nicht dass dies
zur vollen Anerkennung kam oder zu einer conventio-
nellen Regel ausgebildet wurde; die Schriftsteller des
Mittelalters wissen nichts davon. Aber diese Symbolik
leuchtete dem künstlerischen Gefühle ein und wurde von
ihm benutzt. Die Reihe bezeichnete eine Genossen-
schaft, die symmetrische Beziehung eine relative
Gleichheit und einen Gegensatz; die Einheit zweier
symmetrischer Reihen war durch ihre stufenweise An-
näherung und durch eine mittlere sie verbindende Gestalt
angedeutet, welche, weil sie allein stand, einen höheren
Bang als jene anderen, scharemveise auftretenden Ge-
stalten einnahm. Die Gruppe erforderte daher die An-
wendung architektonischer Gesetze; es war ihr aber auch
vortheilhaft, wenn sie sich unmittelbar an die Architektur
anschloss und diese ihr die Stellung anwies; denn dann
erschien sie als durch höhere Nothwendigkeit, nicht durch
willkürliche Wahl gebildet und entsprach so dem Ge-
danken einer bleibenden, göttlichen Ordnung. Das Portal,
wie es sich schon im romanischen Style gestaltete,
entsprach völlig den Zwecken der plastischen Gruppe, es
wurde daher die Stelle, wo diese sich ausbildete. Dies
war kein zufälliges Zusammentreffen, die Gruppe bildete
sich nicht so , weil die Architektur ihr das Schema der
Aufstellung gewährte, sondern weil es ihren inneren Er-
fordernissen entsprach. Aber ebenso nahm die Archi-
ektur diese Gestalt nicht aus Rücksichten auf jene Kunst,
sondern nach ihrem eigenen Gesetze an. Beide Künste
waren für einander vorgebildet und kamen einander ent-
gegen, weil sie aus demselben Geiste hervorgingen. Jede