Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

358 
Plastik 
und 
Malerei. 
berücksichtigt. Allein so lange das äusserliche, that- 
kräftigeLeben vorherrscht, bleibt sie untergeordnet; jetzt 
erst wurde sie selbstständig wirksam. Nicht dass dies 
zur vollen Anerkennung kam oder zu einer conventio- 
nellen Regel ausgebildet wurde; die Schriftsteller des 
Mittelalters wissen nichts davon. Aber diese Symbolik 
leuchtete dem künstlerischen Gefühle ein und wurde von 
ihm benutzt. Die Reihe bezeichnete eine Genossen- 
schaft, die symmetrische Beziehung eine relative 
Gleichheit und einen Gegensatz; die Einheit zweier 
symmetrischer Reihen war durch ihre stufenweise An- 
näherung und durch eine mittlere sie verbindende Gestalt 
angedeutet, welche, weil sie allein stand, einen höheren 
Bang als jene anderen, scharemveise auftretenden Ge- 
stalten einnahm. Die Gruppe erforderte daher die An- 
wendung architektonischer Gesetze; es war ihr aber auch 
vortheilhaft, wenn sie sich unmittelbar an die Architektur 
anschloss und diese ihr die Stellung anwies; denn dann 
erschien sie als durch höhere Nothwendigkeit, nicht durch 
willkürliche Wahl gebildet und entsprach so dem Ge- 
danken einer bleibenden, göttlichen Ordnung. Das Portal, 
wie es sich schon im romanischen Style gestaltete, 
entsprach völlig den Zwecken der plastischen Gruppe, es 
wurde daher die Stelle, wo diese sich ausbildete. Dies 
war kein zufälliges Zusammentreffen, die Gruppe bildete 
sich nicht so , weil die Architektur ihr das Schema der 
Aufstellung gewährte, sondern weil es ihren inneren Er- 
fordernissen entsprach. Aber ebenso nahm die Archi- 
ektur diese Gestalt nicht aus Rücksichten auf jene Kunst, 
sondern nach ihrem eigenen Gesetze an. Beide Künste 
waren für einander vorgebildet und kamen einander ent- 
gegen, weil sie aus demselben Geiste hervorgingen. Jede
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.