Immoralität
der
Geistlichen.
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welthistorisch bedeutendes Beispiel solchen frommen
Betrugs; im Kleinen kam Aehnliches unzählige Male
vor. Selbst die Zeitgenossen klagen über die Menge
erfundener Legenden, untergeschobener Reliquienili). Um
den rohen Ausbrüchen der Laien zu widerstehen, um
hülfreich zu sein, bedurfte die Kirche äusserer Macht
und weltlichen Reichthums; Ihre Priester wurden
aber dadurch von allen herrschenden Lastern angesteckt,
ilahmen oft an Krieg, Jagd und rohen Lustbarkeiten
Antheil und achteten die Würde ihres Amtes so
wenig, dass sie sich mit offener Waffengewalt unter-
einander bekämpften, und den Besiegten schmählich
beschimpfteniiikqt). Befdieser Rohheit ihrer eigenen Diener
konnte die Kirche kaum daran denken, unmittelbar an
der Sittlichkeit des Volks zu arbeiten. Es genügte ihr,
Gehorsam und eine heilsame Furcht zu erhalten. Daher
begünstigte sie den Aberglauben, hatte für seine gröb-
sten Verirrungen ein mildes Urtheil, weilte gern bei der
sinnlichen Ausmalung der Höllenstrafen und der Himmels-
freuden, und schwächte die Kraft der Reue durch ein
System äusserlicher Bussen.
Ü S. des Kardinals Fleury Hist. de Pegl. (40. 1'751) im Anf.
des V01. XIII. Der Abt Guibert von Nogent (bei Guizot hist. de
la civnen France IV. 522) zählt eine Reihe solcher Betrügereien
auf. Andre Beispiele bei Gieseler K. G. II. S. 33. Note h. Man
musste es noch besonders einschärfen, dass es nicht erlaubt sei:
pro pietate mentiri.
M) S. Fleury a. a. 0. Eichhorn, Gesch. d. Cult. und Lif. I.
463 if. Neander K. Gesch. lV. 242.
Unzählige bekannte Beispiele. Kampf der Schnüren des
Bischofs von Hildesheim und. der Mönche von Fulda im Dom zu
Goslar. Lamb. Aschaifenb. bei Pistor. Rerm. Germ- SCF- I- 397-
Calixt II. lässt den Gegenpapst Gregor VIII. auf einem Kameele, in
Felle gekleidet, rückwärts sitzend nach Rom führen. Schlosseüs
Weltgesch. Mittelalter II. 2. 246.