Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

324 
Wahre 
Bedeutung 
der 
Quadratur. 
eine viel geringere; sie sind allerdings Hülfsmittel, aber 
nicht für die höhere Erfindung, sondern nur für den 
Steinmetzen, um die vorgeschriebenen Glieder ohne geo- 
metrische Kenntnisse richtig auszuführen, und allenfalls 
für den handwerksmässigen Baumeister, um die herkömm- 
lichen und von ihm beabsichtigten Formen ohne Berech- 
nung zu zeichnen. Aber sie hängen allerdings mit den 
feineren Eigenthümlichkeiten des gothischen Styls zu- 
sammen. In der antiken Architektur gab es keine an- 
deren als rechte WVinkel, und keine anderen Curven 
als Kreislinien, deren Mittelpunkte in rechtiviilkeligen 
d. h. den Achsen der Länge und der Breite des Gebäudes 
parallel laufenden Linien lagen. In der mittelalterlichen 
Baukunst spielte dagegen von Anfang an die schräge 
Linie eine grosse Rolle, und in Folge des Kreuzgewölbes 
wurde die Diagonale recht eigentlich das Lebensprincip 
der ganzen Construction. Im romanischen Style war die 
Schräge nur durch rechtwinkelige Abstufungen und ihnen 
eingeschriebene Kreislinien angedeutet, hier genügten da- 
her noch immer Winkelmaass und Zirkel zur Ausführung 
aller Details. Im gothischen Style dagegen wurden Poly- 
gonformen, spitze und stumpfe Winkel, tiefe Höhlungen 
und feine Gliederungen angewendet, für welche jene alten 
Hülfsmittel nicht ausreichten, und deren Construetion geo- 
metrische Kenntnisse erforderte, die den gewöhnlichen 
zunftmässigen Bauleuten fehlten. Daher war es erwünscht, 
dass man ein Hiilfsmittel erfand, welches diese Arbeit er- 
leichterte. Man bemerkte, dass die meisten schrägen Linien 
Diagonalen eines aus zwei gleichen Abschnitten der 
beiden Achsen des Gebäudes errichteten Quadrates seien; 
dass alle Diagonalen dieser Art einander ebenso parallel 
sein müssten, wie alle auf den Aussenmauern senkrecht
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.