Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

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Grundfigur. 
nach der vierten aber zwei Quadrate (nämlich das der 
Seite und das obere) abfallen, so hat man allerdings die 
Gestalt des Kreuzes und ungefähr den Kern einer roma- 
nischen Kirche. Aber es fehlt doch viel, dass man die 
ganze Kirche habe; SeitenschiEe und Chornische lassen 
sich nicht aus dem Würfel herleiten und ebensowenig 
der andere Theil des Langhauses, wenn dasselbe, wie 
es ja fast immer der Fall ist, mehr als zwei Quadrate 
misst. Noch weniger aber hat der Würfel irgend eine 
nahe Beziehung auf den Charakter des Gebäudes, denn 
in diesem ist überall das Längliche, Ungleichseitige vor- 
herrschend, Während der Würfel der Ausdruck allseitiger 
Gleichheit ist. Man kann daher schwerlich glauben, dass 
die Meister der romanischen Kunst an den Würfel ge- 
dacht haben; die derben einfachen Formen ihrer Werke 
zeigen keine Spur einer solchen Absicht und die oft sehr 
wortreichen Erzählungen ihrer Bauthätigkeit weisen nicht 
im Entferntesten darauf hing).  
Etwas anders verhält es sich mit der gothisehen 
Baukunst. Hier ist nicht nur derStyl so complicirt, dass 
man sich wohl ein Geheimniss darunter verborgen denken 
könnte, sondern wir besitzen auch wirklich schriftliche 
Aeusserungen von Bau- und Werkmeistern, in welchen 
die Anwendung gewisser geometrischer Figuren empfohlen 
und mit Wichtigkeit wie ein Arcanum behandelt wird. 
Es wird darin von der „rechten, freien Kunst der 
"Geometrie," von „des Chores und der Fialen 
"J Stieglitz und Andere führen das Würfelkapitäl als einen 
Beweis bewusster Anwendung dieser Form an. Allein das Würfel- 
kapiläl ist kein Würfel und der Augenschein lehrt, dass es aus ganz 
anderen Gründen enstanden ist. Auch findet ES Sich ja nur in ge- 
wissen Gegenden, während es, wenn es gleichsam den Schlüssel für 
die ganze Construction enthalten sollte, allgemein verbreitet sein müsste.
	        
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