Baukunst.
Städtische
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Reicher wurden dann die öffentlichen Gebäude, Kauf-
hallen, Rathhäuser, Brunnen und Sta dt th ore geschmückt.
Für diese letzteren eignete sich der kriegerische Spitz-
bogen sehr wohl, der von zwei mächtig vorspringenden
runden Thürmen geschützt und gehalten wurde, und dessen
Form sich auf der inneren, dem Frieden zugewendeten
Seite, in mancherlei Ornamenten und Fenstern Wieder-
holte. Eben so wie hier herrschte an den Kaufhallen,
den Monumenten bürgerlicher Thätigkeit, der Zweck
vor; sie haben feste Mauern und Gewölbe, mächtige
Pforten und wenige Fenster, sind mit Statuen der Schutz-
heiligen auf Consolen geschmückt und mit Zinnen ge-
krönt. Nicht selten erhebt sich an ihnen der städtische
Wachtthurm (Beffroi) , von welchem die Glocke die
Bürger zur Versammlung oder zur Abwehr herannahender
Feinde zusammenriefI Leichteren Schmuckes waren die
Rathhäuser, besonders die der späteren Zeit, wo dann
die Faqade, mit Stabwerk, Consolen; Statuen bedeckt,
die Kühnheit ritterlichen Geistes und den Uebermuth
bürgerlichen Reichthums verband. An den Brunnen
endlich zeigte sich die Zierlichkeit gothischer Formen
von allen Zwecken des 'l'ragens und Stützens befreit in
anmuthigem, wenn auch willkürlichem Spiel, in schlan-
ken Spitzsäulen und einer reichen Ausschmückung mit
Statuen. Ihnen glichen mit mehr religiöser Anwendung
die vereinzelten Denkmäler der Frömmigkeit, welche
unter den Namen von steinernen Kreuzen als Spitz-
säulen mit Heiligenhäuschen an Landstrassen oder im
Felde, zur Erinnerung an örtliche Vorfälle oder als Stif-
tungen aus Gelöbnissen, dem Wanderer eine Stelle des
Gebetes anwiesen. S0 umfasste die architektonische
Form alle Gestaltungen des Lebens und erStreckte ihre