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Abweichende
Formen.
in zierlichen und kühnen Formen zu versuchen, welche
man aus constructiven oder religiösen Rücksichten an
den Kilchen selbst noch nicht anzubringen wagte.
Die bürgerliche Baukunst gewährt überall mehr
ein sittengeschichtliches als ein künstlerisches Interesse;
die Fortschritte der Civilisation zeigen sich hier haupt-
sächlich. in Einrichtungen der Bequemlichkeit, während
der Schmuck nur aus der kirchlichen Architektur entlehnt
und nur wenig nach den verwaltenden Zwecken modi-
licirt ist. Diese Mcdiiicationen gingen im Mittelalter
grösstentheils aus dem kriegerischen Charakter der Zeit
hervor; sie waren mehr auf Schutz und Abwehr, als auf
Genuss und Pracht gerichtet, und dienten daher auch
nicht zur Bereicherung der Kunst. Allein dennoch prägte
sich auch in ihnen der Geist der Zeit aus, und es ent-
standen Formen, Welche, wenn auch ohne künstlerische
Ansprüche, charakteristisch sind und der höheren Baukunst
entgegen kamen. Die Burgen der Ritter waren meistens
mit beschränkten Mitteln, auf Bergspitzen oder in Süm-
pfen angelegt, und zeigten keine andere Schönheit, als
die, welche die Natur oft freigebig ohne Wahl und Ab-
sicht der Erbauer rings umher ausbreitete. Grössere Bur-
gen bestanden aus mehreren einzelnen Gebäuden, welche
von den gemeinsamen Einfriedigungen, von Mauern und
Gräben umschlossen, oder so aneinander gereiht waren,
dass sie einen inneren Hof bildeten. Der Palas oder
Saal, das Herrenhaus und dann der Thurm (Burg-
friet, engl. keep-tower) machten die Haupttheile aus, zu
welchenWirthschaftsgebäude hinzukamen Bei kleineren
S. Leo übex-Balrgenhau in Deutschland in v. RaumeHs histori-
15313, Ausführliche Beschreibungen engli-
scher Burgen in Brilton, Archit. Antiqu. V01. IV. Für französische