'l'hurmbildung.
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um das Regenwasser von den Mauern entfernt aus ihrem
geöffneten Rachen zu speien. Menschliche Gestal-
ten sind zwar nicht bloss an den Portalen, sondern auch in
den Gallerien, in den Nischen der Strebepfeiler und an
den Giebeln vielfach angebracht, aber stets als freies
Bildwerk, nie mit irgend einem architektonischen Dienste
belastet, durch Heiligenhäuschen oder Baldachine würdig
bewahrt. So ist auch in der Ueberfülle des Reichthums
alles klar und mit vollstem Bewusstsein geordnet.
Die letzte und nicht unwichtigste Aufgabe war dann
die Gestaltung der Thürme, welche als die freiesten,
jedes dienenden Zweckes enthobenen Theile reich
verziert werden mussten, um die Herrlichkeit der Kirche
Nahen und Entfernten zu verkünden. Im Allgemeinen
waren die Regeln für ihre! Ausbildung die der Fialen, nur
dass sie hier in grösserem Maassstabe angewendet wur-A
den. Daher gehörten zu einem vollständig entwickelten
Thurme drei verschiedenartige Theiled Zunächst der un-
tere, der Kirche anliegende, der nothwendig aus mehreren
grossen, viereckigen Stockwerken bestand. Dann
wieder ganz oben die pyramidale Spitze, für die aber
ihrer Ausdehnung wegen weder die vierseitige Form,
die zu grosse Flächen gab, noch die runde, welche dem
viereckigen Unterbau zu wenig entsprach, sondern noth-
wendig eine mehrseitige, aber doch dem Viereck zu-
sagende, mithin die ac hteckige Gestalt geboten war.
Der mittlere Theil endlich war dann dazu bestimmt, den
Uebergang zwischen den senkrechten Mauern des
Vierecks und dem pyramidalen Ach teck zu bewir-
ken. Dies geschah in der einfachsten und edelsten Weise
dadurch, dass man aus den Winkeln des viereckigen
Unterbaues vier hohe Fialen empor führte und sie durch