Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

Spitzgiebel. 
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und immer eine ästhetische Nothwendigkeit. Denn der 
Bogen, als eine weiche, innerliche Form, bedurfte einer 
ihm entsprechenden und mithin steilen Bedachung. Diese 
aber erheischte wegen ihrer Schräge einen äusseren Halt, 
der ihr daher auch immer und zwar nach dem im ganzen 
Bau durchgeführten Systeme durch eine senkrechte Be- 
ilügelung d. h. durch zwei darin angebrachte Fialen 
gegeben wurde. Spitzgiebel und Fialen gehören nach der 
Vorstellung der alten Meister nothwendig zusammen und 
diese zierlichen Theile, in welchen der Grundgedanke 
des ganzen Baues im Auszuge und höchst anschaulich 
ausgesprochen ist, wurden eine beliebte und mit höchstem 
Fleisse bearbeitete Aufgabe ihrer Kunst. Daher brachte 
man Spitzgiebel überall an, wo es darauf ankam, das 
aufstrebende Element in höchster Kraft zu zeigen, 
wie am Chore , wo vermöge der polygonen Form 
desselben lauter einzelne schmale, senkrechte Wände da- 
standen, welche jede für sich einen Abschluss forderten, 
am Oberschiffe des Langhauses, wo die horizontale Li- 
nie des Dachsimses gebrochen werden musste, endlich 
an der Facade, wo das Aufsteigen der Thürme vorzube- 
reiten war. Dagegen blieben sie an den Fenstern der 
Seitenschiffe fort, weil hier durch die vortretenden Strebe 
pfeiler das Senkrechte schon stark betont und eine 
völlige Zerstörung des horizontalen Bandes nicht wün- 
schenswerth war. Der Schmuck dieser Spitzgiebel be- 
steht bei grösseren Portalen oft in Statuen, die auf Con- 
solen unter Baldachinen stehen, bei anderen Theilen da- 
gegen in Maasswerk, besonders häufig in einer rad- 
förmigen Gruppe von drei gestreckten in die Ecken des 
Dreiecks hineinragenden Pässen.
	        
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