Portale.
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Daturgemäss auch eine Stelle erzeugen, wo sie zu ihrem
Rechte kam; jenes Ausschliessen beruhte auf einer
in vielen Beziehungen schönen Eigenthümlichkeit, die
sich aber auch wieder an bestimmter Stelle als ein Man-
gel enwies, der nun durch die freie und ausgebildete
Plastik ersetzt werden musste. Beide Künste dienten
sich hier gegenseitig; indem die Arcadenform des Por-
tals vermöge dieser plastischen Ausstattung den architek-
tonischen Zweck, das gesteigerte und höher belebte Bild
des Innern zu geben, erfüllte, gewährte sie andererseits
bedeutungsvolle Räume für die Gruppirung und Zusam-
menstellung von Statuen und Reliefs zu einem grossen
Ganzen, welche das Mittel zur Ausführung grosservpla-
stis cher Gedichte religiös symbolischen Inhalts wur-
den. Auf die Art und den Umfang dieser mächtigen
Bildergruppen werde ich unten bei der Schilderung der
plastischen Kunst zurückkommen, und begnüge mich hier
bei ihrer architektonischen Wirkung stehen zu bleiben.
Eine Aenderung in der Anordnung trat dadurch ein,
dass man die Thü rö f fn ung jetzt meistens durch einen
mittleren Pfosten theilte. Dies wurde nöthig, um dem
Sehr viel grösser gewordenen Bogenfelde eine Stütze zu
geben; es diente aber auch für die malerische Haltung des
Ganzen. Denn dieser Mittelpfosten gab nun eine geeig-
nete Stelle, um die Statue einer Hauptperson, etwa der
Jungfrau Maria oder des Schutzheiligen der Kirche, an-
zubringen, für welche dann die anderen Statuen an den
Seitenwänden als begleitende Nebenliguren erschienen.
Ill der Anordnung der Seitenwände behielt man zwar den
Gedanken der Abstufung bei, sie fiel aber bei dem Man-
gel an vollen, runden oder eckigen Gliedern bei Weitem
nicht so kräftig aus. Der untere Theil des Portals be-