Zwei
Schwerter.
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Die Kirche selbst erkannte dies gewissermaassen an,
indem sie dem Ritter bei Anlegung der Waffen, den]
Fürsten bei seiner Krönung ihre Weihe gab, indem sie
ihr Amt in Anspruch nahm. Wenn die Kirche von un-
mittelbarer Stiftung durch Christus ausging, so waren auch
die weltlichen Herrscher geheiligte Häupter, auch ihnen
gebührtc eine gewisse Selbstständigkeit.
Der Streit erlosch niemals und immer auf" s Neue
widersprachen sich die Ansprüche der Theokratie und
der kaiserlichen Obergewalt. Aber die Natur der Dinge
gestattete keinem den Sieg und die allgemeine Ansieht
brachte selbst diesen Streit in ein friedliches System,
das in der That schöner und lebendiger War, als jene
schroffen 'l'heorien. Die gegenseitigen Ansprüche spra-
chen sich in mächtigen Glcichnissen aus. Gregor und
Innocenz hatten die päpstliche Gewalt die Sonne, die
kaiserliche den Mond genannt; die W ortführer der welt-
lichen Macht bezeichneten diese dagegen durch das
Schwert, das als ein natürliches Symbol den Fürsten
vorgetragen zu werden pflegte und der Kirche versagt
war. Allein die Kirche fand, dass auch die Jünger des
Herrn Schwerter geführt und zwar zwei Schwerter; sie
nahm daher eine Doppelgeuralt und ein ihr verliehenes
Anrecht auf beide Schwerter, das weltliche und das geist-
liche, an. Die Stimme des Volkes endlich hielt diese
Zweiheit, nicht aber den aussehliesslichen AnsprllCll der
Kirche begründet; sie sprach von zwei S o n nen , welche
die Christenheit erleuchteten , zwei Schwertern,
welche sie beherrschten. Beide Gewalten, so meinte man,
seien von Gott eingesetzt, jede gleich notlmiendig für
das Wohl der Christenheit. Jeder Eingriff der Plinen in
das Gebiet der Andern, jeder Versuch, beide Schwerter