Stellung
der Thürme.
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geschlossene Mauern, jetzt durch Eingänge, früher also,
wenn man will, durch die Kirche, jetzt durch die herbei-
strömende Gemeinde. Indessen waren die Facaden der
Kreuzschiffe der vorderen keinesweges gleichgestellt,
sondern hatten sehr viel geringere Bedeutung, namgntljch
dadurch, dass sie nicht, wie diese, mit Thürmen verbun-
den waren. Jenes romanische Centralsystem, nach
welchem die Kreuzschiffe mit dem Chore sich um die
mittlere Kuppel gruppirten, war jetzt nicht mehr anwend-
bar, da alle Schiffe sich zu breit ausdehnten, um eine
zusammenhängende Gruppe zu bilden. Dem hoch anstei-
genden Dache, das sich auf der Kreuzung mit Scharfgn
Linien schnitt, sagten weder die flachen Kuppeln des
romanischen Styls, noch hohe Thürme, die man zuweilen
hier anbrachte, zu; beide erschienen zu lastend für die
scharfe Schneide dieser Dächer. Man liess daher diesen
Punkt
entweder
unverziert
oder
besetzte
ihn
nur
mit
einer kleinen Spitze, einem s. g. Dkachreiter. Die
Anbringung von Thürmen auf den äussersten Enden des
Kreuzschiffes war ebensowenig rathsam, weil dadurch
diesem Nebentheile der Kirche eine unverdiente Bedeu-
tung, zum Schaden des Hauptschiifes, beigelegt sein
würde k). Sie verschwanden daher hier gänzlich. Hier-
aus ergab sich denn die eigenthümliche Gestalt der
Kreuzfaqaden, indem nun das schlanke Oberschiff mit
seinem Giebel frei zwischen den niedrigen Seitenschiifen
stand und der Strebebögen bedurfte, die hier aber nicht,
Anfangs schwankte man noch; an dem Dome zu Chartres und
an dem zu Rheims sind an jeder Kreuzfaqade die Anlagen zu zwei
starken Seitenthürmen zu erkennen, deren Ausführung man nachher
aufgab. An St. Stephan in Wien sollen die später angebauten
Thiirm e (von denen der eine bekanntlich vollendet ist) den Mangel
der dem alten Bau fehlenden Kreuzschilfe ersetzen.