Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

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Der 
gothische 
Styl. 
welcher Consequenz der Gedanke der Verticalbildung fest- 
gehalten ist und alle Theile bis ins Kleinste durchdringt. 
Auch die Form der Spitzsäul e, welche den Strebe- 
pfeiler krönt, kommt nicht bloss hier, sondern auch an 
allen andern Stellen vor, wo ein Spitzbogen eines Seiten- 
halters bedurfte. Die alten Meister, welche sie als einen 
Hauptgegenstand ihrer Sorgfalt betrachteten, nannten sie 
in Deutschland mit einem fremdklingenden Worte unbe- 
kannten Ursprungs: die Fialeii), und unterschieden dar- 
an den Riesen H), die pyramidalische Spitze, und den 
L eib, den darunter gelegenen viereckigen Thcil. Der Leib 
der Fiale wurde nun auf mancherlei Weise verziert; ent- 
weder, wie schon erwähnt, durch Aushöhlung zu einem 
Heiligenhäuscheu, oder durch eine blosse viereckige V er- 
tiefung, oder endlich durch ein blindes Maässwerk, wel- 
ches, der senkrechten Haltung entsprechend, die Bildung 
von Fensterpfosten mit Spitzbögen und Rosen nachahmte, 
und so die im obern Theile des Strcbepfeilers rascher 
folgenden Absätze wie verschiedene Stockwerke erschei- 
nen liess. Der Uebergang in die Pyramide selbst wurde 
dann häufig durch kleinere, den Kern des Pfeilers umge- 
bende Spitzen vorbereitet; entweder so, dass man den 
fensterähnlichen Spitzbogen des Maasswerks Spitzgiebel 
mit kleinen Fialen gab; oder kräftiger, indem man den 
Körper des Pfeilers kreuzförmig machte und die grosse 
Fiale zwischen vier kleinen, auf den Kreuzarmen errich- 
 Die Engländer nennen sie: Pinnacle von dem lateinischen 
Pinnaculum, Spitze oder Giebel, hergeleitet. Ein altfranzösischer Aus- 
druck ist unbekannt. 
i") Nicht grade in Vergleichung mit einem Giganten, sondern 
durch Herleitung aus dem gemeinsamen alten Stammworte: Ilisen, 
Reisen, sich bewegen oder erheben, das im Englischen noch erhal- 
ten ist.
	        
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