Glasmalerei.
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werden, und zwar in einer ihrer Stellung im Gebäude
entsprechenden Weise. Sie erschienen hier aber als
Theile des Fensters, und zwar als lichter Gegensatz ge-
gen das dunkle Maasswerk. Als solcher mussten sie
daher auch behandelt werden, und wie nun das Maass-
Werk die heiterste, lichteste Gliederung des ganzen Wer-
kes war, gleichsam ein Spiel, das die Construetion nach
vollendeter ernster Arbeit hier im Sonnenscheine sich er-
laubte, so musste auch die Ausstattung der Lichtöffnungen
heiter spielen, inihrem Elemente, in der-Farbe, soweit gehen,
wie jenes in der Formffin ihrer Naturbeziehung es soweit
überbieten, wie das Licht die Materie. Wenn daher
jenes plastisch im Steine pflanzenähnliche Formen
hervorzauberte, mussten hier menschliche Gestalten,
wenn jenes unbestimmt blieb, hier bestimmte heilige
Gegenstände sich zeigen.
Wir erkennen hierdurch auch die wechselseitige Bezie-
hung zwischen den Glasgemälden und dem Farben-
Schmuck der Wandgliederung. Die kräftigen Farben, das
glänzende Gold der Pfeiler und Kapitale verlieren den
Schein des Grellen neben den leuchtenden Farben des
Glasgemäldes, und dieses bedarf wieder solcher Vermit-
telung, um nicht willkürlich und fremd neben weissen
Wänden zu stehen. Der Maassstab wird ein andrer,
wenn das ganze Gebäude farbig erscheint. Die Poly-
chromie des Baues erforderte also die Glasmalerei der
Fenster; ebenso aber auch umgekehrt diese jene. Was
sich oben spielend zeigte, musste unten im ernsten Bau be-
gründet sein; auch die Pfeiler mussten daher neben dem
plastischen Elemente des Maasswerks das Farbenelement
der Glasgemälde enthalten, damit jener feine und richtige
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