Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

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D'e r 
gothische 
StyL 
Es kam nicht darauf an, wie man oft gesagt hat, den 
Kirchen ein ehrwürdiges, geheimnissvolles Dunkel zu 
geben, denn der gothische Styl liebte das Luftige und 
Helle, wohl aber brauchte man ein ruhiges und mildes 
Licht, das nicht, indem es einzelne Theile grell beleuch- 
tet, andere in tiefe Schatten setzt, und dadurch störende, 
bei dem Wechsel der Tage unberechenbare Contraste 
hervorbringt. Dies Bedürfniss wurde jetzt dringender 
als je, weil die Fenster grösser wurden und die feine 
Gliederung mit ihren tiefen Höhlungen durch allzuhelle Lichter 
völlig entstellt worden wäre; die gebrochenen Linien und 
Weichen Uebergänge forderten auch ein gebrochenes wei- 
ches Licht. Gefarbtes Glas gewährte dieses nicht, da 
die bunten Flecke, welche es auf die beleuchteten Stel- 
len wirft, eine noch unruhigere Wirkung hervorbringen; 
es bedurfte daher einer Zusammensetzung aus vielen 
kleinen Stücken, in der keine einzelne Farbe soweit vor- 
herrschte, dass sie einen farbigen Schein gab i), also 
reicher Muster oder {igürlicher Darstellungen. Für solche 
eignete sich aber auch die Eintheilung der Fenster vor- 
trefflich, indem sie parallele Flächen für gleichberechtigte 
oder zu vergleichende Gestalten, und grössere und klei- 
nere Räume für erklärende, mehr oder minder wichtige 
Beziehungen enthielt, und mithin ein Schema für einen 
ymbolischen Bildercyklus darbot, das dem geübten Sinne 
des Mittelalters sofort verständlich war. Aber sogar für 
diese figürliche Ausstattung der Fenster war auch noch 
ein architektonischer Grund vorhanden. Der lebende, das 
Ganze durchdringende Organismus duldete keine leeren 
Stellen, auch die Lichtöifnungen mussten daher ausgefüllt 
 Einiges Nähere 
mälde folgt im 6. Kap. 
über diese BeschalTenheit 
dieses Buchs. 
der 
alten 
Glasge-
	        
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