Ornamentation
des
Innern.
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entweder die Natur oder die geßmetfjsche Regg],
Er weist jedem seine Stelle ein für allemal an, bestimmt
nicht bloss, wo Ornamente anzubringen sind, sondern
bleibt sich auch in der Art derselben gleich. Mensch-
liche Gestalten kommen nur als freie Darstellung, etwa
als Statuen an Kragsteinen, oder höchstens an unschein-
baren Stellen, wo sie der Construction nicht hinderlich
sind, als Engelgestalten an Consolen, in heraldisch ge-
formten Figuren oder Köpfen auf Schlusssteinen, T hiere
gar nicht oder höchstens an ähnlich verborgenen Stellen
vor. Vegetabilische Formen finden sich nur an den
Kapitälen oder zuweilen in der Höhlung eines Gesimses,
niemals dicht gedrängt, sondern als einzelne Blätter in
lichten Reihen oder leicht verschlungen. Dies Laubwerk
hat auch nicht mehr die conventionelle, unverständliche
Form, Wie im romanischen Styl, man erkennt leicht, dass
der Meister bestimmte einheimische Pflanzen im Sinne
gehabt hat; aber er geht auch nicht auf eine Nach-
ahmung der Natur aus, welche mit der architektonischen
Strenge contrastiren Würde, sondern unterwirft sie geo-
metrischer Regelmässigkeit und passt sie dem architek-
tqnischen Zwecke des Gliedes an. Ausserdem kommt
nur Maasswerk vor, eine künstliche, scheinbar ver-
wickelte, aber doch nach geometrischen Gesetzen eon-
struirte Linienverschlingung, und auch dies wurde nicht
willkürlich angebracht, sondern nur da, wo es sich aus
dem Constructiven von selbst ergab, in den Fensterfül-
lungen, an Brüstungen der Gallerien, oder auf Wandfel-
dem, die aber jenen Theilen symmetrisch entsprachen
und also auch eine bauliche Beziehung hatten.
Diese Mässigkejt in der Ornamentation war nicht
etwa das Werk einer klugen Zurückhaltung oder eines