Bogengliederung.
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Blätterschmuckes auch dasgothische Kapitäl eine grosse
Schönheit. Durch die zarte Schwingung seines Kelches
leitet es sanft von dem senkrechten Stabe in den Bogen
über; durch sein Blattwerk, das zwar nur auf den Dien-
sten liegt, aber durch deren Nähe den ganzen Schaft zu
umwinden scheint, verbindet es diesen soviel als nöthig
zu einem Ganzen; durch das Spiel seiner horizontalen
Schatten unterbricht es die bedeutsamen, aber doch end-
lieh monotonen senkrechten Linien der Gliederung.
lu späteren Zeiten verkleinerte man die Kapitäle noch
mehr und liess sie endlich an einigen oder an allen Dien-
sten fort. Dadurch wurde freilich der Gedanke des Her-
vorkeimens noch deutlicher, die auf- und absteigende Be-
wegung des Verticalen noch flüssiger und rascher; aber
dennoch war es kein Gewinn, weil nun die xiothwendige
'l'rennung der Bögen von ihrem 'l'räger fortfiel und beide
allzusehr in eine Masse verschmolzen.
Die Ausbildung derBögerl hielt miti der der Pfeiler
gleichen Schritt. Die breiten eckigen Bänder, welche in
den Arcaden des romanischen Baues den vertretenden
Pfeilen-ecken entsprachen, verschwanden nun und der Do-
gen bestand wie der Pfeiler aus einem organischen
Wechsel von Rundstäben und Hohlkehlen, nur dass beide
noch zarter, weicher und elfectvoller gehalten wurden,
noch schärfer und schwungvoller das elastische Princip
üusdrückteu. Die Hohlkehlen waren daher tiefer, die
Rundstäbe zugespitzt und besonders der untere mittlere,
dem vertretenden alten Dienste derArcaden entsprechende
hoch durch ein vorgelegtes Plättchen (engl. fillet) Ver-
stärkt, so dass sein Profil nicht eine kreisförmige,
Sondern eine herzförmige, stärker geschwungene Linie
giebt. Der Durchschnitt des Bogens bildet auf diese