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Der
gothische
Styl.
wurde Sie höher, complicirter und organischer; die kleine
runde Basis der einzelnen Cylinder stand nämlich nicht
unmittelbar auf der untern, allgemeinen Basis des Pfeilers,
sondern erhielt zunächst einen polygouförmigeil Fuss
Welcher vermittelst einer Abschmiegung sich erweiterte,
und nun erst mit seiner vordern Linie sich an jenes untere,
ungleichseitige Achteck anschloss, und zwar unmittelbar,
ohne alle trennende Gliederung. Die einzelnen Dienste
wuchsen daher gewissermassen aus dem unteru Achteck
hervor. Diese Form ist insofern mangelhaft, als keine
bewusste, gegliederte Abgränzung gegen den Boden vor-
handen ist; die achteckige Masse steigt ohne WVeiteres
aus demselben auf. Allein sie sagt der Pfeilerbildung
sehr wohl zu; wie im horizontalen Durchschnitt die Rund-
stäbe und Hohlkehlen in einander übergehen, so ist nun
auch in der verticaleil Gliederung kein scharfer Gegen-
satz, kein Anfügen verschiedener Thcile, sondern ein
allmäliges lebendiges Werden ausgesprochen. Deutlicher
als an irgend einer andern Stelle sieht man hier eine
vegetabilische Reminiscenz; der Pfeiler steigt aus dem
Boden wie der Baum des Waldes, ohne Vorbereitung
und Abgränzung, in einfach kräftiger Form, um erst weiß
ter oben sich freier zu entfaltenii). Die Zahl und Ver-
theilung der Dienste ist übrigens verschieden und hängt
von der Höhe der Gewölbe und manchen andern techni-
scheu
Rücksichten
Die
regelmässigste Form
die:
ist
i) Kallenbach (die Baukunst des deutschen Mittelalters chronolo-
gisch dargestellt. 1847) will S. 29 diese scheinbare Vernachlässigung
der Basis ans der Absicht erklären, „den Besehauer nicht am Boden
fesseln zu wollen." Wenn man von Absicht sprechen dürfte, so
war es eher die entgegengesetzte, das Gebäude an den Boden zu
fesseln, es ungeachtet seines luftigen Aufschwunges enge mit ihm zu
verbinden.