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Der
gothische
Styl.
führte auf die Erfindung der Strebebögen, welche von
den Strebepfeilern der Seitenschiffe ausgehend und zu
denen des Oberschiffes hinansteigend diese stützten. Da-
durch wurde der Seitendruck des oberen Gewölbes auf
die äusseren Strebepfeiler zurückgeführt, und man konnte,
indem man diese verstärkte, die inneren 'l'ragepfeiler und
die oberen Strebepfeiler leichter und schlanker bilden. Es
War eigentlich die durchgeführte Anwendung derselben
Regel , welche im Gewölbe zuerst erfunden war. Die
ganze Construeticn bestand nun aus einem Gerippe von
verticalen Stützen und den aus ihnen entspringenden
Rippen, und alle Last ruhete auf den äusseren Strebe-
pfeilern; bildete man diese, wie ihre geringe Breite und
ihre Formlosigkeit wohl gestattete, in gehöriger Stärke,
so konnte man alles Uebrige sehr leicht halten. Auch
ergaben sich nun eine Menge von andern Consequenzen.
Die Grundgedanken der Anordnung und Gliederung blie-
ben dieselben, aber jedes Einzelne erschien in einem
neuen Lichte. Wir werden daher die Uebersicht der
einzelnen Theile auf's Neue beginnen und dabei in feineres
Detail eingehen müssen, als früher, haben aber auch den
Vortheil, dass des Zufälligen und Unverständlichen weniger
ist und alles sich leichter aus dem Principe des Ganzen
entwickelt.
Wir beginnen wieder mit der Betrachtung des In-
nern, wo besonders die Verwandlung der quadraten Ge-
wölbfelder in oblonge wichtige Veränderungen hervor-
brachte. Zuerst ging daraus die Gleichheit aller Pfei-
ler hervor; denn da jedes benachbarte Paar gemeinsam
dasselbe Gewölbe stützte, so konnten sie nicht ungleich
erscheinen, und da dies Band die ganze Reihe verkettete,
S0 fiel der frühere Unterschied zwischen stärkeren und